Das grosse Kleinkunstfestival der Wühlmäuse 2010
Dieter Hallervorden – Schirmherr & Produzent
Dieter Nuhr – Moderation / 4. Sept.
Teilnehmer um den Jury- und Publikumspreis:
Sascha Grammel, Robert Griess, Götz Frittrang, Christoph Sieber und John Doyle
weitere Gäste: Kaya Yanar, Martin Sierp, Starbugs, Rebecca Carrington & Colin Brown, Simone Solga, Florian Schroeder
Christoph Sieber und Sascha Grammel sind Sieger
Beim 10. Festival der Kleinkunst in den Berliner Wühlmäusen
Damit aus dem Wettbewerb ein echtes Festival wird, haben Vorjahrespreisträger und Gäste die beiden Abende ausgeschmückt – außer Konkurrenz. Zwei der insgesamt vier Preisträger standen schon vorher fest: Den Ehrenpreis hat Wolfgang Stumph erhalten, und der Berlinpreis ging an den absolut grandiosen Joseph Hader aus Österreich. Und last but noch least hat auch der Haus- und Schirmherr Didi Hallervorden es sich nicht nehmen lassen, mit einem Sketch zur Unterhaltung beizutragen. Palim, palim.
Nicht ganz zu unrecht gilt die Spielart des Bauchredners mit Puppe als altbacken. Es ist die wirklich große Leistung von Sascha Grammel, das Genre entstaubt und mit frischem Pep versehen zu haben. Sein frecher Dialog bereitet in jedem Fall große Freude – egal ob er ihn mit der treudoof blickenden Schildkröte Josie oder mit dem schielenden ausgefransten Adlerfasan Frederic Freiherr von Furchensumpf führt. ‚Hetz mich nicht!‘ ist das Motto des adligen Vogels gegen den Alltagsstress, und das steht auch auf dem T-Shirt von Sascha Grammel. Die Berliner Theaterbesucher und die Zuschauer bei der Live-Übertragung im RBB-Fernsehen haben ihn zum Publikumspreisträger gewählt.
Der politische Kabarettist Christoph Sieber hat schon heller geglänzt als bei diesem Wettbewerb. Ausführlicher in der Argumentation und damit überzeugender und schärfer. Hat er sich durch den strammen Ablaufplan des Abends unter Druck setzen lassen? Mit Podolski, Sarrazin und Biolek hetzt er sich per Namedropping nach dem amerikanischen Comedy-Prinzip mit Onelinern durch die knappe Zeit. Schade. Wo er doch so viel mehr kann. Dennoch: Die Jury hat ihn auserkoren. Glückwunsch!
Dem olympischen Prinzip gehorchend soll hier auch von den anderen Teilnehmern die Rede sein. Absolut unterhaltsam für Bauch und Hirn der Beitrag des Amerikaners John Doyle, der seit 20 Jahren in Deutschland lebt, sich aber immer noch über einige Eigenheiten der Mentalität wundert. Am Beispiel des Fluchens führt er den Deutschen sauber beobachtet vor, wie korrekt sie auf die Details achten. Danke.
Mit Freizeitpsychologie wollte Götz Frittrang punkten, indem er die Menschheit in Hundemenschen und Katzenmenschen unterteilt. Also Männer entsprechen dem Prinzip Hund, Frauen dem Prinzip Katze. Beweis: Gibt es Drogenkatzen oder Lawinenkatzen? Nachdem er sich auf die Art, die er als lustig empfindet, über Kinderbelästigung in der Bahn ausläßt, reicht es meiner Begleiterin. Sie flüstert mir ins Ohr: “Das ist frauenfeindlich. Und er schreit. Dem will ich nicht länger zuhören. Das ist ja reaktionär.” Konsequenzanalyse.
“Vegetarier essen meinem Essen das Essen weg”, um den Geistesblitz von Robert Griess zu zitieren. Ansonsten klischeehafte Darstellung eines prolligen Hartz-IV-Hängemattenliegers, der mit pseudo-intellektueller Besserwisserei aufzutrumpfen versucht. Seine Darstellung ist sehr derb, um nicht zu sagen: primitiv. Jedenfalls nicht komisch. Was denkt er wirklich?
Von den vielen Gästen, die außerhalb des Wettbewerbs aufgetreten sind, die alle bekannte Größen in der Kleinkunstszene sind und zum Abwechslungsreichtum der beiden Abende beigetragen haben, möchte ich Simone Solga hervorheben, die im Jahr 2009 den Publikums- und den Jurypreis gewonnen hat. An ihrer Rolle als Kanzlersouffleuse ist sie gewachsen. Weiter so!
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Schlußfrage: Warum haben eigentlich nur männliche Künstler an diesem Kleinkunstwettbewerb teilgenommen?
Antwort bitte an lachen@liveundlustig.de
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http://www.christoph-sieber.de
http://www.saschagrammel.de
http://www.simonesolga.de
http://www.wuehlmaeuse-kleinkunstfestival.de
Beate Moeller © 2010 BonMoT-Berlin Ltd.