Marc-Uwe Kling: Das Känguru-Manifest – Kritik
Nicht ganz unproblematisch: Das Zusammenleben mit einem boshaften Beuteltier
BERLIN (gc) – Auch wenn Revolutionen die arabische Welt erschüttern, promovierten Politikern reihenweise die Titel aberkannt werden und Baden-Württemberg nicht mehr von den Christdemokraten regiert wird – es gibt im Leben noch unerschütterliche Konstanten. Eine davon ist die Wohngemeinschaft des Marc-Uwe Kling. Der lebt mit einem Känguru zusammen und hat ganz schön zu leiden. An der Boshaftigkeit, am anarchischen Wesen und an den kommunistischen Gedanken seines Mitbewohners. In den Känguru-Chroniken hat er vor zwei Jahren erstmals vom Leben mit dem Tier berichtet. Jetzt ist er mit dem Känguru-Manifest erneut auf Tour.
Kling, der sich auch als Poetry Slammer einen Namen gemacht hat, liest Kurzgeschichten vor. Das sind kängurudurchhüpfte Berliner Alltagsbeobachtungen eines Thirtysomethings, zugespitzt und auf die Spitze getrieben: Da sind die Touristen auf dem Alexanderplatz, die mit dem eigenen Fotoapparat fotografiert werden wollen oder die Probleme eines Radfahrers, der mit seinem Gefährt im Schienenersatzverkehr befördert werden möchte.
Alles feine Beobachtungen dessen, was ein Eingeborener aus eigenem Erleben kennt und verabscheut. Ab und zu drängelt sich auch eine brillante Idee in die Texte: Da wird ein Schachspiel beschrieben, bei dem Figuren des Deutschen Herbstes bewegt werden. Schnell muss dann der Axel Springer in Sicherheit gebracht werden und der BKA-Präsident schiebt sich schützend vor den Bundeskanzler. Im Laufe des Abends tauchen die Figuren aus den Kurzgeschichten immer wieder auf und kommen zusammen: Sie bilden ein asoziales Netzwerk, das als Anti-Terrorgruppe einen Anti-Terroranschlag verüben will. Aber Slam-Text bleibt Slam-Text, vor allem, wenn er recht monoton und oft verhaspelt vorgelesen wird. Diese Sorte von Understatement ist eben auch ein Stilmittel des Slams.
Die Texte wechseln sich mit Liedern ab. Zur Gitarre singt Marc-Uwe Kling von Leuten im falschen Job, von der Flugangst eines Flugzeug-Terroristen und von all dem Langweiligen im Leben. Der jungenhafte Charme des Künstlers überdeckt dabei die musikalisch überwiegend recht genügsamen Songs und die rauhe, wenig geformte Stimme. Schade auch, dass die dauernde Aneinanderreihung von Geschichte und Lied und Geschichte und Lied nach kurzer Zeit ermüdet. Die Lieder selbst treiben die Handlung des Abends nämlich nicht voran und nicht jedes Lied hat einen Bezug zu den Geschichten. Manchmal führen die Geschichten auch auf Nebengleise und in Kopfbahnhöfe, aus denen umständlich herausmanövriert werden muss. Das überwiegend junge Publikum im Berliner Mehringhoftheater zeigte sich sehr angetan. Das Känguru aus dem Buch hüpft dabei weiter von Thema zu Thema.
Gilles Chevalier © 2011 BonMot-Berlin Ltd.
Fr + Sa, 13. + 14. Mai: Berlin, Mehringhoftheater, Kartentelefon: 030.691 50 99
So, 26. Juni: Göttingen, Theater im op
Sa, 2. Juli: Hamburg, Polittbüro; Kartentelefon: 040.280 55 467
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