Georg Kreisler im Interview – Taubenvergiften für Fortgeschrittene

RBB Kulturradio, Sonntag, 26. Juni, 19.04 – 20 Uhr*

Georg Kreisler (Foto: www.kulturradio.de)BERLIN (bm) – Mit Liedern wie Taubenvergiften im Park, vorgetragen mit breitem Lächeln zu heiterer Klaviermusik, ist er in den fünfziger Jahren bekannt geworden. Bis heute haben Georg Kreislers schwarzhumorige Everblacks eine große Fangemeinde. Dabei würde er viel lieber für seine Romane, Theaterstücke und Opern gewürdigt werden. Im Juli wird Kreisler 89 Jahre alt. Soeben von seiner Abschiedstournee zurückgekehrt, blickt er zurück, erzählt von der Kindheit in Wien, der Flucht vor den Nazis nach Hollywood und der Zusammenarbeit mit Charlie Chaplin.

Am meisten aber beschäftigt ihn die aktuelle politische Weltlage, die er im Gespräch mit Lydia Lange mit einer Umdichtung seines Taubenlieds kommentiert: Spielen wir Unfall im Kernkraftwerk.

*Wiederholung: Montag, 27. Juni, 22.04 – 23. Uhr

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Die Ankündigung vom Kulturradio klingt danach, als hätte Kreisler seinen Everblack über’s Taubenvergiften jetzt umgeschrieben – als Reaktion auf Fukushima. Tatsächlich stammt seine Textvariante aus den sechziger Jahren – und auch der Titel heißt ein bißchen anders:

Unfall im Kernkraftreaktor

Schatz, das Wetter ist wunderschön,
da leid ich’s net länger zuhaus.
Wolln wir nicht rüber ins Kraftwerk gehn?
Da kenn ich mich ziemlich gut aus!
Die Leute sind heut auf den Wiesen,
wir können ihnen alles vermiesen!
Heut ist Sonntag und Frühling und Bootfahrn am See,
Schatz, ich hab eine Idee:

Schau, die Sonne ist warm und die Lüfte sind lau,
spieln wir Unfall im Kernkraftreaktor!
Heut ist jeder im Grünen mit Kindern und Frau,
das ist ein ganz wichtiger Faktor.
Du nimm dir mein Kind, ich dein Kind,
und ein jeder vergiftet a Kleinkind,
so ein Kernkraftreaktor kriegst net alle Tag,
und der Wachter macht eh, was ich sag.

Schatz, geh, bring das Plutonium her,
das tut sich am besten bewährn.
Ich benütz jetzt schon lang kein Arsen nimmermehr,
wenn’s aus ist, kann sich niemand beschwern.
Erst schalt‘ mer ein die Sirenen,
dann fangen die Augen an zu tränen,
dann schalt‘ mer ein Katastrophenalarm –
und dann falln die Vogerln vom Baam.

Ja, der Frühling, der Frühling, der Frühling ist hier,
spieln wir Unfall im Kernkraftreaktor!
Um zwei sind die Babys tot, und um halb vier
falln die älteren Bauern vom Traktor.
Um fünf tun wir alles vereisen,
dann können’s uns nix mehr beweisen,
Der Staat zahlt den Witwen das halbe Gehalt,
und ein‘ Unfall vergißt mer ja bald…
Das Kraftwerk läuft weiter – um die Leut‘ ist’s net schad.
Spieln wir Unfall, weil sonst ist mir fad!

Das Tondokument auf youtube läßt darüber hinaus einen deutlich jüngeren Georg Kreisler erkennen.

2 Gedanken zu “Georg Kreisler im Interview – Taubenvergiften für Fortgeschrittene

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