„Ich krieg die Krise! – Kabarettisten packen aus“
BERLIN (gc) – An einem Abend gleichzeitig Texte von Katinka Buddenkotte, HG Butzko, Wiglaf Droste und Osman Engin? Das kann es nur in einer sehr ungewöhnlichen Mixed-Show geben – oder in einem Buch! Zum Beispiel in der Anthologie „Ich krieg die Krise – Kabarettisten packen aus“, in der 26 Autorinnen und Autoren aus den Bereichen Satire, Kabarett und Poetry Slam über Krisen schreiben.
Und schon wird es interessant, denn was dem einen sein Alltag, ist der anderen ihre Krise: Marc-Uwe Kling zum Beispiel lässt sich von seinem Känguru über den Tisch ziehen, während Luise Kinseher an den Steckrüben verzweifelt, die sie auf einer Speisekarte findet. Barbara Kuster ärgert sich über nicht mehr gepflegte preußische Tugenden, während Dagmar Schönleber als Ostwestfälin am Karneval verzweifelt und gleichzeitig Claus von Wagner an der Kapitalismus-Frühförderung im Kindergarten irre wird. Katinka Buddenkotte und Nessi Tausendschön dagegen bekommen ihre Krisen immer in den Theatergarderoben: Die eine wegen der anwesenden Kollegen, die andere wegen der häufig unzureichenden Ausstattung dieser Räumlichkeiten. Klar, über die Wirtschaftskrise lassen sich auch einige Autoren aus: HG Butzko und Franz Hohler beginnen unabhängig voneinander ein Wörterbuch, um die Begriffe der Finanzwirtschaft zu entlarven, während sich Dieter Nuhr an Wirtschaftsprognosen abarbeitet.
Die literarischen Formen sind in dieser Sammlung abwechslungsreich: Von der verschrifteten Bühnennummer ist über Gedichte, Kurzgeschichten und einem Dramolett alles dabei. Zwischen einer halben und sechzehn Seiten sind die überwiegend leicht verdaulichen Werke lang. Der alte Spruch von der Kürze und der Würze zeigt auch hier seinen Wahrheitsgehalt, denn ausgerechnet einer der längeren Artikel ist am anstrengendsten. Hans Liberg schwadroniert neun Seiten lang ziellos durch die Bleiwüste. Sofort schießt einem in den Sinn, dass der Begriff des Essays einen französischen Ursprung hat und dort unter anderem „Versuch“ heißt. Aber der ist in diesem Fall leider misslungen.
Der giftigste Artikel stammt von Lisa Fitz. Sie kocht geradezu vor Zorn über Kriegstreiberei, Fehlinformation und generell die Weltverschwörung, die die Menschen unter die Knute der Dummheit zu knechten versucht. Ähnlich giftig schreibt Wolfgang Nitschke. Er blättert ein wenig im Koran und findet dabei manches Merkwürdige. Es lebe die Aufklärung, auch als geschichtliche Epoche! Religionen sind auch Moritz Netenjakobs Thema. Er hat mit seiner Olympiade der Religionen die schönste Idee des Buches. Im Stil einer samstäglichen Bundesligareportage berichten bei ihm Reporter über den Wettbewerb der Glaubensrichtungen.
Das Buch „Ich krieg die Krise! – Kabarettisten packen aus“ gibt einen ersten Einblick in das Schaffen von 26 höchst unterschiedlichen Künstlern mit verschiedenen Stilen und Ansätzen. Es ist auf jeden Fall nikolausgeeignet und animiert zum Besuch einer Vorstellung des einen oder anderen Künstlers- vielleicht sogar noch vor Weihnachten.
Gilles Chevalier © 2011 BonMoT-Berlin
„Ich krieg die Krise! – Kabarettisten packen aus“
WortArt 2011, 176 Seiten, ISBN: 978-3-8419-0014-2, € 14,95 (D), € 15,40 (A)
Die Autoren:
Dieter Nuhr, Horst Evers, Katinka Buddenkotte, Wiglaf Droste, Marc-Uwe Kling, Moritz Netenjakob, Wilfried Schmickler, Franz Hohler, Jess Jochimsen, Osman Engin, Wolfgang Nitschke, Luise Kinseher, Bernd Gieseking, Lisa Fitz, Barbara Kuster, Hans Liberg, Nessi Tausendschön, Christian Macharski, Andreas Rebers, Matthias Reuter, Helmut Schleich, Kalle Pohl, Dagmar Schönleber, Claus von Wagner, HG Butzko, Sebastian23.