Der Diktator im Abflussrohr oder:
Nun tu doch mal was!
BERLIN (gc) – Mit „Staub“ und „Schroeder“ reden sie sich an, wenn sie an ihren Tischen sitzen. Florian Schroeder hat dabei den größeren, den Chef-Schreibtisch, während Volkmar Staub sich mit einem quadratischen Kneipentisch begnügt. Sie wirken wie Vater und Sohn und belegen eindrucksvoll, wie generationenübergreifendes Lachen funktionieren kann.
Entspannt werfen sie sich die Stichworte aus den Textbüchern zu, schließlich sind sie ein eingespieltes Team und ihr Jahresrückblick „Zugabe“ hat schon eine gewisse Tradition.
Florian Schroeder gibt zum Beispiel den Papst und hält die Rede, die eigentlich vor dem Bundestag gehalten werden sollte: Eine Bankrotterklärung der moralischen Instanz Kirche, die konsequent mit der Auflösung dieser Institution endet. Hier begeistert der Parodist, schöpft aus dem Vollen und legt dem Parodierten verblüffend wirklichkeitsnahe Worte in den Mund. Ganz ohne Worte kommt dagegen seine Darstellung Renate Künasts aus. Sie funktioniert ausschließlich mimisch und wirkt auch noch in der 13. Parkettreihe der Berliner Wühlmäuse köstlich.
Auch Volkmar Staub begeistert, wenn er als Winnetou ins Licht tritt. Dann ist er oberhalb der Gürtellinie nur mit zwei Federn bekleidet und kann mit der ganzen Wucht seiner „Korpulent Identity“ seine roten Brüder vom Stamme der Sozialdemokraten bei der Auswahl des Kanzlerkandidaten beraten.
Dialoge, gespielte Szenen und das eine oder andere von Volkmar Staub an der Gitarre begleitete Lied machen den Abend abwechslungsreich und kurzweilig. Dazu tragen auch die vielen kurzen Sätze bei, die schlaglichtartig einen Vorgang des ablaufenden Jahres beleuchten: Wenn etwa „Karl-Theodor zu Guttenberg vom Blaublütigen zum Blaupausigen“ mutiert, die „Arabellion durch ein Twitter-Gewitter“ in Gang kam, „Gaddafi im Abflussrohr als Rohrkrepierer endet“, „Bushido den Integrationsbambi nur erhalten hat, weil Thilo Sarrazin an diesem Abend keine Zeit hatte“ oder in Griechenland mit dem neuen Ministerpräsidenten Papademos „nur der Papa ausgetauscht wurde, wie es in vielen Familien schon lange üblich ist“.
Erfrischend kurz werden Themen abgehandelt, über die es weiter nichts zu lachen gibt. Dazu zählen der FDP-Vorsitzende Rösler mit seinen Personalproblemen und Bundespräsident Wulff mit seinen hilfsbereiten Freunden. Beide waren zum Zeitpunkt der Aufführung übrigens noch in Amt und Würden.
Zu Höchstform laufen die beiden auf, wenn sie den Loriot-Sketch „Feierabend“ mit dem knollnasigen Zeichentrick-Ehepaar spielen: „Was machst Du da?“ „Nichts“ (…) „Gar nichts?“ „Nein!“ Dann sind nur wenige Worte verändert und auf der Bühne sind die Bundeskanzlerin und der Bundespräsident zu erkennen. Die Untätigkeit und die fehlenden Impulse des Staatsoberhauptes werden der Lächerlichkeit preisgegeben und ganz nebenbei ist auch noch eine tiefe Verbeugung vor dem im Sommer gestorbenen Humoristen Loriot gelungen.
Ab 26. Dezember und den ganzen Januar hindurch sind die beiden in ganz Deutschland unterwegs. Eine prima Gelegenheit, um mit dem Jahr 2011 endgültig abzuschließen.
Gilles Chevalier © 2011 BonMot-Berlin Ltd.
Zugabe – die nächsten Termine:
26. Dezember 2011: Koblenz, Café Hahn
27. Dezember 2011: Düsseldorf, Capitol Club
28. + 29.Dezember 2011: Köln, Senftöpfchen
30. Dezember 2011: Wissen, Kulturwerk
Alle weiteren, also die Januar-Termine finden Sie hier:
www.florian-schroeder.com
Zum Original-Sketch von Loriot ‚Feierabend‘ geht’s HIER
2 Gedanken zu “Zugabe 2011 – Der kabarettistische Jahresrückblick – mit Florian Schroeder & Volkmar Staub – Kritik”