Preisverleihung in der ausverkauften Stadthalle Sankt Ingbert
SANKT INGBERT (bm) – Wie groß war das Lamento gewesen in den vergangenen Jahren: Es gäbe keinen Nachwuchs im Kabarett. Die Jungen kämen über die Thematik kleinkarierter Beziehungskistenkabbeleien auf Comedy-Niveau nicht hinaus.
Mit der 28. Woche der Kleinkunst in Sankt Ingbert ist eine neue Tür aufgegangen. Der Vorauswahl, der Jury und dem Sensorium des Publikums ist es zu verdanken, dass der frische, freche Stil junger Künstlern geschätzt und ausgezeichnet wurde. Hier ist der Beweis. Ja, das gibt es doch: Ein Kabarett der neuen Machart – das sich als literarisches, politisches und musikalisches Kabarett richtig was traut!
Die Jury vergibt ihre beiden gleichwertigen Preise an Till Reiners und das Duo Team & Struppi. Das Publikum entscheidet sich für Michael Krebs. Jeder der Gewinner erhält 4.000 Euro sowie eine küchentaugliche Kupferpfanne aus elsässischer Manufaktur.
„Analytische Schärfe und gewandte Wortgewalt“ bescheinigt die Jury Till Reiners, der mit Ausschnitten aus seinem Programm „Da bleibt uns nur die Wut“ überzeugte.
„Mit großer Bühnenpräsens und emotionaler Wucht legte er den spitzen Finger in die Wunde der modernen Zeit. Ein Feuerwerk der Worte und Thesen“, das die Jury mehrheitlich begeisterte.
Das Duo „Team und Struppi“ besteht aus dem Schriftsteller Moritz Neumeier und dem Schauspieler Jasper Diedrichsen. „Mit neuen Inhalten und Formen“, so die 15 Juroren, „absolvierten sie einen außergewöhnlichen Auftritt, der die Grenzen des Gewohnten durchaus sprengen konnte.“
Wohin die anarchistisch-provokante Reise gehen soll, ließen sie bewusst offen. Da ist sicher nicht nur die Jury gespannt.
Eindeutig auch das Votum der Zuschauer. 516 Abonnenten haben ihren Lieblings-auftritt gewählt.
Mit Abstand an der Spitze der Publikumsgunst stand Michael Krebs, der mit seiner Kombination von Musik und intelligenten, zündenden Texten punktete.
Mit seinen Geschichten malt der aus der schwäbischen Provinz stammende Künstler ein Bild der modernen Welt: über die Brotberaterin oder die traurige Generation, die ohne TV-Coaching auskommen musste, bis hin zum Spannungsfeld zwischen politischer Orientierung und erotischen Kapazitäten. Ganz nebenbei bemerkt: Die Pfanne ist der 19. Kleinkunstpreis in der Karriere des Songschreibers.
Eine reine Herrenriege auf dem Siegertreppchen – ist das nicht ungerecht? Im vergangenen Jahr haben dafür ausschließlich Damen gewonnen. 2011 ging ein Jurypreis an die Kabarettistin Anny Hartmann, und das Duo luna-tic hat gleich doppelt abgeräumt und sowohl den zweiten Jurypreis als auch den Publikumspreis mit nach Hause genommen.
Beate Moeller © 2012 BonMoT-Berlin Ltd.
Einen aussagekräftigen Zusammenschnitt der Wettbewerbswoche in Sankt Ingbert 2012 kann man sich in der Mediathek des Saarländischen Rundfunks ansehen. Titel dort: „Die Pfanne – Der Saarland Contest“ HIER KLICKEN
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Thilo Seibel hatte die Kleinkunstwoche furios und engagiert eröffnet, Mia Pitroff das Publikum mit leisen und weichen fränkischen Tönen gefesselt, Ball & Jabara endlich mal angemessen die Leistung der Hausfrau und Mutter auf die Bühne gebracht, Heinrich del Core einen wilden Rundumschlag gewagt, Tilman Birr aus den abstrusen Erfahrungen des berliner Stadtbilderklärers gelesen, Annette Postel die Oper beerdigt und neu belebt, Sebastian Nitsch auf bezaubernde Weise die Konsumwelt demontiert; die Queenz Of Piano hatten sich an zwei Klavieren bestens eingespielt gezeigt und Streckenbach & Köhler Musikkabarett von seiner derben Seite präsentiert. Alle hatten sie zu einer rundum gelungenen 28. Woche der Kleinkunst in St. Ingbert beigetragen.