Hochklassige Unterhaltung durch alle musikalischen Epochen – Kritik

Hans Liberg 01 © Jan WirdeierHans Liberg: „Ick Hans Liberg“

BERLIN (gc) – Da wird er einfach unter-
brochen! Hans Liberg, im weißen Anzug am Flügel, arbeitet sich hoch konzentriert durch ein sozialkritisches Chanson zur Bankenkrise, als ihn Hans Liberg, die Marionette, unterbricht.

„Das wollen die Leute nicht“, sagt die Marionette in spitzem Tonfall zu dem Pianisten, „spiel doch besser wieder Mozart und so!“ Nach einem kurzen Zwiegespräch mit sich selbst besinnt sich Hans Liberg und kehrt zu seinem ganz eigenen Umgang mit Musik zurück.

Ein Imagewechsel hätte sich auch nur schwer zu vermitteln lassen: Im nächsten Jahr feiert der holländische Klavierkomiker sein 30-jähriges Bühnenjubiläum. Seit Anfang Oktober ist er mit dem Programm „Ick Hans Liberg“ auch in Deutschland unterwegs, für acht Vorstellungen gastiert er jetzt im Berliner Tipi.

Libergs Spezialität ist es, Schabernack zu treiben. Am liebsten gleichzeitig mit der Musik und dem Publikum! Als Musikwissenschaftler weiß er um das Typische jeder musikalischen Epoche, kennt das Charakteristische der Komponisten ganz genau. Als Musiker lockt er seine Gäste immer wieder auf die falsche Fährte: Er spielt „Sounds of Silence“ an und singt dann plötzlich „Yesterday“. Kleine Veränderung, große Wirkung. Genauso wie aus „Smoke on the Water“ im Handumdrehen „Zwei kleine Italiener“ wird.

Libergs Trick: Er bricht eine Melodie ab, sobald sie erkannt ist. Dann wechselt er die Tonlage, nimmt ein ähnliches Motiv und spielt weiter. So entstehen höchst unterhaltsame Kombinationen mit überraschendem Ausgang. Das funktioniert auch bei klassischer Musik: Aus Chopins Trauermarsch wird Wagners bei Hochzeiten oft verwendetes „Treulich geführt“. „Na, wenigstens ist es das gleiche Gebäude“, meint Liberg dazu augenzwinkernd. Schließlich kann er ja auch zeigen, dass Johann Sebastian Bach in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts für seine „Badinerie“ von der Titelmelodie der „Sendung mit der Maus“ inspiriert wurde. Ein herrlicher Blödsinn!

Hans Liberg 02 © Jan WirdeierZusammen mit seinen Musikerkollegen am Schlagzeug und am Kontrabass unternimmt Hans Liberg gerne Ausflüge in den Jazz: Tschaikowskis „Schwanensee“ oder Beethovens „Mondscheinsonate“ klingen so auf aparte Weise anders und bleiben trotzdem klar erkennbar. Vierter Mann im Bunde ist der jugendlich wirkende Praktikant, der vorzugsweise für artistische und mit besonders viel Bewegung verbundene Nummern auf die Bühne geholt wird.

Für die Auswahl der wiedererkennbaren Zitate und ihre Ausgestaltung braucht man großartige Musik und einen großen Musiker. Bei Hans Liberg klappt das! Vom ersten Ton an hat er den Saal im Griff. Ständig fragt sich der Zuschauer: Woher kenne ich dieses Stück? Doch Zeit zum Nachdenken hat er kaum, denn schon hat Liberg einen neuen musikalischen Witz gespielt oder das Publikum zum Mitsingen oder Mitsummen aufgefordert. Um so etwas kommt man bei ihm eben nicht herum. Und nach ein wenig Überwindung erkennt man: Große Unterhaltung macht eben am meisten Spaß, wenn man selbst ein Teil des Ganzen ist.

Gilles Chevalier © 2012 BonMot-Berlin

Termine:
Noch bis Sonntag, 28. Oktober 2012: Berlin, tipi am Kanzleramt (außer Donnerstag, 25. Oktober), Karten: 030-39 06 65 50, Preise: € 20,80 – 39,50
Beginn: 20 Uhr, am Sonntag: 19 Uhr

Weitere Infos: http://www.hansliberg.com

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