Autor und Kabarettist Peter Ensikat ist gestorben – Nachruf
Mit scharfem Blick und sanftem Druck
Am 18. März 2013 ist der Kabarettist und Schriftsteller Peter Ensikat nach schwerer Krankheit im Alter von 71 Jahren gestorben. Gemeinsam mit Wolfgang Schaller war er in den achtziger Jahren der am meisten gespielte DDR-Kabarettautor. In den Neunzigern avancierte er zum erfolgreichen Buchautor, der – indem er vom Alltag im Osten erzählte – Brücken im vereinten Deutschland geschlagen hat. Harald Pfeifer erinnert an ihn.
Grundeigenschaften eines Satirikers
Geboren wurde er am 27. April 1941 in Finsterwalde im heutigen Brandenburg, ein Preuße also, der die Künste ebenso liebt, wie das Understatement, für den Satire untrennbar mit Haltung verbunden ist und der genau weiß, dass eine Pointe nichts anderes als Präzisionsarbeit ist. Verschiedentlich wurde er als der „Hildebrandt des Ostens“ bezeichnet. Da geschieht ihm Unrecht. Eine solche Werbung mit fremdem Namen brauchte er nicht. Ensikat ist halt Ensikat. Die beste Werbung ist immer noch ein gutes Produkt. Und auf solche konnte der Preuße in großer Zahl verweisen.
Das Autoren-Duo Ensikat/Schaller
Im letzten Jahrzehnt der DDR schrieb der leidenschaftliche Autor für Kindertheater und Kabarett Peter Ensikat zusammen mit Wolfgang Schaller für die Herkuleskeule Kabarettstücke, die den DDR-Alltag satirisch genau trafen. Angefangen beim Roten Paul, der sich als Idealist durch die Wirklichkeit einen Herzinfarkt holt, spielte sich die sozialistische Wirklichkeit kurz vor Ende der DDR im Programm „Überlebenszeit“ auf einer Müllhalde ab. Ensikat/Schaller beherrschten „Die Kunst, nichts gesagt zu haben“. Die Zensoren leisteten Schwerstarbeit und doch standen die Zeichen in Dresden gut. Da nun die Stücke in Dresden schon mal durch die Zensur gegangen waren, wurden sie danach überall gespielt. Nicht nur in den Kabaretts landauf landab, sogar in den Stadttheatern.
Der Wunsch seit Kindertagen
Nach der deutschen Einheit, als viele seiner Kollegen den satirischen Faden verloren und nebensächlich wurden, wurde Peter Ensikat zum Schriftsteller. Was er seit Kindertagen werden wollte. Aber anfangs wusste er gar nicht, ob er überhaupt Bücher schreiben konnte. Ein Verleger hatte ihm aber dann ein beachtliches Vorschusshonorar auf den Tisch gelegt und als Preuße musste er nun den Auftrag erfüllen. Sein Thema hatte er längst gefunden. Ein gerechtes Bild von der DDR zu schaffen. In vielfältiger Form hat er versucht, Brücken zwischen Ost und West zu schlagen, indem er Geschichten und Erlebnisse aus erster Hand erzählt hat. Erzählt hat er und sanft wie auch geduldig gestritten, nicht weil er ein DDR-Fan war, sondern weil überzeugt war, dass die deutsche Einheit ein Anlass dafür ist, die Geschichten der anderen kennenzulernen.
Bescheidenheit von philosophischem Format
Und seine Geschichten waren uneitel und gerecht auch gegen die eigene Person. Auffällig war sein Hang zum Understatement, aber er wusste auch sehr genau, was er nicht wollte. Seine Texte hatten einen sanften satirischen und auch nachdenklichen Ton von durchaus philosophischem Format. Ganz ohne Rechthaberei oder Häme. Peter Ensikat hat Geschichten aus seinem Leben so erzählt, dass sie eigentlich in Geschichtsbücher gehörten. So überzeugend hat keiner aus dem Osten seine Erlebnisse öffentlich gemacht. Zum Nutzen der Nation.
Harald Pfeifer © 2013 BonMoT-Berlin
Wolfgang Schaller von der Herkuleskeule Dresden:
„Ich verliere nicht nur meinen engsten Freund, der 35 Jahre lang mein Schreibpartner war und ohne den in all den Jahrzehnten all jene Programme, die ein Stück Kabarettgeschichte geschrieben haben, nicht entstanden wären. Mit seinem Namen ist ein langes Stück Lebenslauf der Herkuleskeule verbunden. Ich verdanke ihm viel und weiß um den Verlust.“
Das Berliner Kabarett-Theater Distel wird einen Gedenkabend für Peter Ensikat veranstalten. Wir informieren Sie HIER rechtzeitig.
Foto: Homepage Kabarett-Theater Distel
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