Intensive fotografische Begegnungen – Bislang erst knapp 300 Gäste
von Inge Braune
CREGLINGEN – Mit der aktuellen Sonderausstellung „Jüdische Portraits – Fotografien von Herlinde Koelbl“ ist dem Jüdischen Museum Creglingen ein Coup der Sonderklasse gelungen: Creglingen ist die erste Station für die Wanderausstellung mit Werken der vielfach ausgezeichneten Fotografin. Weit über Europa hinaus machte sich Koelbl einen Namen: Stern, Zeit, New York Times gehören zu den Auftraggebern. Entlarvend war ihre jahrelange Begleitung von Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft: Der Bildband „Spuren der Macht“ rüttelte 1999 auf.
Ein Jahrzehnt zuvor hatte sie „Jüdische Portraits“ veröffentlicht, ein preisgekröntes Werk, das Betrachtern regelrecht intime Begegnungen etwa mit dem Soziologen Norbert Elias, den Schriftstellern Grete Weil, Erich Fried, Stefan Heym und Robert Jungk, dem Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, dem Philosophen Karl Popper, dem Regisseur Georges Tabori, der Psychotherapeutin Erika Landau, dem Sozialpsychologen Bruno Bettelheim ermöglichte.
Die Aufnahmen: ein „Who is who“ der Weltkultur. Gemeinsamer Hintergrund: Sie überlebten die Shoa. Nur noch bis zum 21. Juli 2013 sind die großformatigen, mit Passagen aus von Koelbl geführten Interviews ergänzten, Aufnahmen in Creglingen zu sehen. 26 Gesichter, 26 Kernaussagen, vereinigt auf gut 50 Laufmetern Ausstellungstafeln, die den dafür eigentlich viel zu kleinen Raum zum Lebens- und Erkenntnislabyrinth machen.
Dass bislang nicht einmal 300 Besucher den Weg in die höchst intensive Begegnungs-Ausstellung fanden: Fast ein Skandal. Und doch fürs Jüdische Museum ein Erfolg, wie Christoph Bittel, Vorsitzender des Stiftungsvorstands, berichtet. Zu den Besuchern zählte auch eine Gruppe aus New Jersey mit etlichen jüdischen Teilnehmern, die auf dem Drahtesel Europa erkundet, Bundeswehrangehörige, die an einer Offiziersweiterbildung teilnahmen, Einzelbesucher, die sich teilweise kaum lösen konnten aus der dichten Blickbegegnung mit den Portraitierten.
Wer die Koelbl-Ausstellung noch sehen will, muss sich beeilen: Genau an zwei Wochenenden noch ist jeweils samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr Gelegenheit zur Besichtigung. Gruppen können die Ausstellung nach Absprache (Stadtverwaltung Creglingen,
Tel. 07933-7010) auch außerhalb dieser Öffnungszeiten besichtigen.
Homepage Jüdisches Museum Creglingen – Herlinde Koelbl