von Gilles Chevalier
ST. INGBERT – Auch den zweiten Wettbewerbsabend hat ein Newcomer in St. Ingbert eröffnet: Martin Valenske spielt Auszüge aus seinem ersten Programm „Curriculum vitae minimalis“.
Der Student der Berliner Humboldt-Universität war nämlich bei der Arbeitsagentur, um sich nach Beschäftigungsmöglichkeiten zu erkundigen. Dort macht er einen psychologischen Test. Als Ergebnis wird ein „Curriculum vitae minimalis“, ein chronisch verkürzter Lebenslauf festgestellt. Jetzt ist er Ein-Euro-Komiker und misst den Erfolg seiner Show mit einem Lach-Sequenz-Diagramm, kurz LSD.
Dabei ist das gar nicht nötig, merkt man dem Text doch sofort die vielen Gedankengänge an, die bei seiner Entstehung durchwandert wurden.
„Deutschland ist ein Waffenexporteur mit Friedenssehnsucht. Das ist, als würde Jack the Ripper persönlich Hinterbliebenen-
Rente auszahlen“, sei nur als Beispiel genannt.
Martin Valenske zeigt sich als Mann des 21. Jahrhunderts und baut fleißig Power-Point-Präsentationen in seinen Auftritt ein. Das ist für sein Kernthema sehr hilfreich, hat er doch die Ratgeber-Literatur zum Selbstmarketing im Visier. Darin werden heute Logo, Slogan und Erkennungsmelodie empfohlen. Valenske, der schon seit mehr als 25 Semestern studiert, entscheidet sich für den Slogan: „Martin – besser zu spät als nie.“ Er wirft die wildesten Thesen der Ratgeber-Bücher auf die Leinwand und zerpflückt sie zur großen Freude des Publikums.
Martin Valenskes Programm ist glaubhaft, durchdacht und hintersinnig. Gerne lässt sich das Publikum auf seine Geschichten ein und bedenkt ihn mit sehr freundlichem Applaus. Valenskes weiterer künstlerischer Lebensweg sollte unbedingt beobachtet werden.
Abdelkarim hingegen wird schon beobachtet – nicht nur auf der Bühne. Auch im Supermarkt, als er freundlicherweise den Mann hinter ihm in der Kassenschlange den Vortritt lassen will. „Nein“, antwortet der, „vielen Dank. Ich habe dich lieber im Blick.“ Abdelkarim ist ein in Deutschland geborener Marokkaner. Er ist ein Typ wie ein Schrank, und es ist kein reiner Versprecher gewesen, als ihn Jugendliche einmal mit „Dickfisch“ angesprochen haben…
Auf der anderen Seite verstärkt Abdelkarim bestehende Vorurteile, etwa in den Geschichten von seinem Freund Ali. Der ist eine gescheiterte Existenz, weil er es nicht schafft, Ärger mit der Polizei zu bekommen. Oder wenn Abdelkarim erzählt: „Mein Vater war Gastarbeiter, ich bin nur noch Gast. Und als Gast zu arbeiten, das ist einfach unhöflich.“ Schön von ihm gezeigt zu bekommen, dass die Welt nicht nur schwarz-weiß ist, also nicht nur aus Newcomern und routinierten Profis besteht. Natürlich ist das Leben kein Ponyhof und die Sankt Ingberter Pfanne kein Nachwuchswettbewerb. Umso schwerer fällt der Vergleich zwischen den Künstlern.
Das Publikum ist von Abdelkarims Auftritt begeistert und verfällt in rhythmisches Klatschen. Völlig zu recht, denn der Künstler hat ein prima Programm überzeugend dargeboten. Er könnte ein weiterer Pfannen-Favorit sein.
Den zweiten Wettbewerbsabend beschließen die Urstimmen aus der Schweiz mit einer überzeugenden Mischung aus A-cappella-Darbietung und stimmiger Chorographie. Das Ensemble besteht aus Rita Bänziger, Tiziana Sarro, Daniel Koller und Stephan Schaberl.
Doch auch Superhelden haben Probleme: im Umgang mit dem anderen Geschlecht oder mit der ungeheuren Gemächtgröße des Nebenmanns am Urinal. Die Urstimmen erschienen eigentlich mehr als Problembären, denn als Superhelden. Eine der Großtaten ist ein Ausflug nach Indien, wo in bestem Bollywood-Stil getanzt und gesungen wird. Instrumente mussten übrigens nicht mitgenommen werden, denn deren Klänge werden von den Urstimmen mit dem eigenen Körper erzeugt.
Diese Nummer ist scharf wie Curry und begeistert das Publikum. Es dankt mit herzlichem Applaus und rhythmischem Klatschen. Auch die Urstimmen können als Pfannenfavoriten gelten. Sie überzeugen im stimmlichen und tänzerischen Detail, bleiben inhaltlich aber unverständlich. Die ungünstige Auswahl der Nummern lässt einen roten Faden leider völlig vermissen.
Gilles Chevalier © 2013 BonMot-Berlin
Fotos: Scharri: Rainer Hagedorn/BonMoT-Berlin, Valenske: HP Distel,
Abdelkarim: PR-Foto HP, Urstimmen: Daniel Koller/ HP Urstimmen
Zum Programmüberblick 29. Wettbewerb um die Sankt Ingberter Pfannen 2013 HIER
Homepage Abdelkarim – Homepage Urstimmen
Homepage Philipp Scharri – Homepage Sankt Ingbert
Liveundlustig-Berichte über die Sankt Ingberter Pfanne 2012 / 2011 / 2010
Hat dies auf Die Erste Eslarner Zeitung – Aus und über Eslarn, sowie die bayerisch-tschechische Region! rebloggt.