Vicky Leandros: Die Weihnachts-Konzerttournee 2013
von Beate Moeller
BERLIN – Zugegeben, die Feder war recht scharf gespitzt, auf das Schlimmste gefasst, standen die Vorurteile auf Attacke zwischen a1 und h2. Aber schließlich schneit nicht alle Tage ein Weltstar zu uns nach Kreuzberg hernieder. Asche auf mein Haupt! Ich hatte die Grandezza dieser Dame unterschätzt. Was Vicky Leandros in der Passionskirche am Marheinekeplatz abgeliefert hat, war alles andere als das Schnulzenprogramm einer alternden Schlagerschabracke. Die Weihnachts-Konzerttournee spielt sie nur in Kirchen.
Die grobe Backsteinromantik der evangelischen Kirche ohne übertriebene Weihnachtsdeko bietet die passende Kulisse für das Weihnachtskonzert einer Persönlichkeit, die es sich leisten kann, schlicht und nahezu bescheiden aufzutreten. Artig bedankt die sich bei der Pastorin, die die Kirche zur Verfügung gestellt hat.
Unsere Weihnachtslieder kennen wir alle. Aber heute singt sie eben Vicky Leandros – zum Greifen nah. Begleitet von drei exzellenten Musikern, mit denen sie schon seit 15 Jahren jedes Konzert spielt: Roland Cabezas, Bo Heart und Lothar Atwell. Das erzählt sie so lässig nebenbei, als wäre es eine Selbstverständlichkeit.
Sehr geschmackvoll die Kombination mit Songs, die einfach nur Lebensfreude, Demut und Zuversicht verströmen. „My Sweet Lord“ von George Harrison oder „Un enfant“ von Jacques Brel in ihrer deutschen Version – „Lichter in einer Welt voller Vernichter“. Von ihrer Zusammenarbeit mit Xavier Naidoo hat sie dessen „Möge der Himmel“ mitgebracht. Zwischendrin nimmt sie in aller Ruhe einen Schluck Kaffee aus dem großen Pott und gnädig das eine oder andere Blumenbouquet entgegen.
Schon nach dem ersten Lied jubelt das Publikum, applaudiert wie verrückt, das steigert sich von Mal zu Mal, und jedes Mal wirkt Vicky Leandros so überrascht, als hätte sie genau damit jetzt nun wirklich nicht gerechnet.
In Griechenland, erklärt sie uns, würde man Weihnachten nicht so besinnlich feiern wie bei uns, sondern eher mit einer ausgelassenen Heiterkeit „wie an Silvester“. Mit dem griechischen Weihnachtslied kommt eben diese auf, alle klatschen rhythmisch mit. Bei „Komm sorg Dich nicht um mich, denn ich liebe das Leben“ singen alle mit.
Zum Schluss kommt noch der Kinderchor Eichwalde für ein paar gemeinsame Lieder zu ihr vors Kruzifix „Leise rieselt der Schnee“ und „Oh du Fröhliche“, selbstverständlich dürfen alle anderen auch wieder mitsingen, wir sind ja in einer Kirche. Jedes Kind bekommt von der Diva als Dankeschön einen professionellen Abschiedskuss. Aber selbst den glaubt man ihr. Ab geht der Kinderchor. Und sie lacht keck ins Mikrophon: “Ja, unser Konzert ist jetzt vorbei!“ Standing Ovations, nochmal Blumensträuße, noch ein Lied zum Mitsingen. Schluss nach zwei anrührenden Stunden ohne Verzehrpause. Allen ist‘s warm ums Herz. Ganz große Kunst. Weihnachten kann jetzt kommen.
Und warum steht das hier? In der Rubrik Schräges? Weil es eben gar nicht schräg war, sondern einfach nur richtig schön. Und das ist doch hoffentlich auch mal schräg genug.
Fotos: © Beate Moeller/ BonMoT-Berlin 2013
die nächsten Termine:
Mi, 18.12.2013: Dortmund, Nicolaikirche
Do, 19.12.2013: Köln, Trinitatiskirche
Sa, 21.12.2013: Düsseldorf, Johanneskirche