Ach, wir armen Pädagogen! – Kritik Horst Schroth
Horst Schroth: „Null Fehler – Lehrer Laux. Das Comeback!“
von Gilles Chevalier
BERLIN – Aus dem Zuschauerraum heraus betritt Horst Schroth die Bühne der ausverkauften Berliner Wühlmäuse. Er hat eine braune Ledertasche umgehängt und trägt unter einer braunen Weste ein kariertes Hemd, dazu eine rote Cordhose. Horst Schroth ist die Karikatur eines Lehrers. Olaf Laux heißt er heute Abend, genau wie vor zwanzig Jahren.
Denn damals hat Horst Schroth seinen Lehrer Laux schon einmal auf die Bühne gebracht. Jetzt
steht er kurz vor der Pensionsgrenze und hält sich nur noch mühsam an der Tafel. Aber richtig auf den Tisch hauen möchte er schon nochmal! Deshalb verwandelt er den Saal kurzerhand in einen Seminarraum. Hier will er sein Buchprojekt „Laux macht Schule“ vorstellen, das so richtig mit den Vorurteilen Lehrern gegenüber aufräumen soll.
Natürlich ist das ein Widerspruch in sich, denn der ganze Laux ist das Zerrbild eines Lehrers. Auch ohne Schüler kann er sich der typischen Lehrersprüche nicht enthalten: „Das geht alles von Ihrer Zeit ab…“. Auch die Marotte, bei Kollegen sogleich die Fächerkombination zu ergänzen, trägt dazu bei.
Laux ist überorganisiert und perfektionistisch, woraus seine Unsicherheit resultiert. Einerseits rebelliert er gegen „den Gender-Quatsch“, der von ihm verlangt, die männliche und die weibliche Form zu verwenden. Andererseits ist er obrigkeitstreu und weiß nicht, wie er seine neue Schulleiterin, Frau Dr. Stephanie von Strahl, anreden soll. Er wirkt wie der revolutionäre Lampenputzer, der Angst vor splitternden Laternen hat.
Laux erzählt von seiner Ehefrau Marianne, Erdkunde und Biologie, und dem Zusammenleben mit ihr. Sein Freund Winnie, Sport und Kunst, hat sich Burn-out diagnostizieren lassen – doch sowas kommt für Laux nicht in Frage! Er will bis zum Ende durchhalten und seinen Job machen.
Beim Erzählen seiner Geschichten läuft Horst Schroth zur Hochform auf. Dann steigt er auf den Stuhl und sogar auf den Tisch, redet mit Händen und Füßen und kommt außer Atem. Sein Rollenspiel „Wem gehört die Stadt“ ist nämlich im Musiksaal aus dem Ruder gelaufen. Sogar Farbbeutel wurden geworfen, aber zu einer Diskussion ist es nicht gekommen. Das Elend durch die vielen Schulreformen regt ihn auf, die überbesorgten Helikopter-Eltern treiben ihn zur Weißglut.
Brisant die Geschichte mit Tanja, die sich vor 20 Jahren ereignet hat. Sie war damals in der zwölften Klasse und hat mit dem Lehrer Laux etwa angefangen. Jetzt ist ihre Ehe gescheitert und sie will Laux treffen, „um mit ihm alles Weitere zu bereden“. Kein Wunder, dass bei Laux die Alarmglocken schrillen! Leider erzählt er die Geschichte nicht zu Ende, sondern deutet stattdessen eine Fortsetzung an.
Im Kern geht es Laux um die Frage: „Wie soll der Lehrer sein?“ Nun, denkt sich der Kritiker, das hängt vom Kulturkreis ab: Mancherorts möchte man ihn „well done“, andernorts „medium“. „Strukturiert“ wäre ein weiteres mögliches Kriterium. Laux möchte, dass sich seine Schüler an ihn mit Respekt und Freude erinnern. Die Zuschauer sind begeistert von dieser Idee. Sie goutieren diesen Wunden leckenden Pädagogen, der eingezwängt zwischen äußerer Anforderung und eigenem Anspruch, durch den Beruf deformiert ist. Anderen ist es nicht ausgegoren genug. „Medium“ eben.
© 2014 BonMot-Berlin
Foto: Oliver Fantitsch/ HP Horst Schroth
Homepage Horst Schroth – Homepage Wühlmäuse
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