Leipziger Negerfreunde verstehen keinen Spaß

Marius Jung musste in seiner Jugend nicht auf den Baumwollfeldern am Kölner Dom knechten – Foto Jenny Egerer
Marius Jung musste in seiner Jugend nicht auf den Baumwollfeldern am Kölner Dom knechten – Foto Jenny Egerer
Studentenrat verleiht Marius Jung Negativpreis

von Beate Berlin

LEIPZIG – Ob sich Marius Jung die Schlagzeilen für sein erstes Buch so vorgestellt hat? „Singen können die alle“ heißt sein „Handbuch für Negerfreunde“. Der Comedian und Musiker aus Köln greift schon mit dem Titel eines der gängigen Vorurteile auf.

Satirisch reflektiert er darin das Leben als schwarzer Deutscher unter weißen Deutschen und zeigt „wo die Fettnäpfchen stehen im Umgang mit Menschen anderer Hautfarbe.“

In eines davon sind die Gutmenschen mit der anderen Hautfarbe zielsicher reingetreten.

Das Referat für Gleichstellung und Lebensweisenpolitik vom Studentinnenrat der Universität Leipzig hat die „Werbemaßnahme“ des Verlags als rassistisch kritisiert und Verlagsvertreter zur demutsvollen Entgegennahme des Negativpreises für Rassismus und Sexismus „Der Preis ist heiß – oder auch nicht“ am 27. Juni 2014 eingeladen.

Was ist denn jetzt mit „Werbemaßnahme“ gemeint? Und was ist rassistisch: der Inhalt des Buchs, das Cover oder gar der schwarze Mann, der das Machwerk verbrochen hat? Aus dem Brief des Studentinnenrats geht das jedenfalls mal nicht hervor. Beim Verlag reagiert man einigermaßen amüsiert, Marius Jung frohlockt auf seiner Facebook-Seite Lachen gegen Rassismus: „Ich bin ein Rassist!“. Das gefällt gleich seinen Facebook-Freunden.

Den politisch korrekten Negerfreunden ist offenbar entgangen, dass auf dem Cover niemand anders als der Autor selbst abgebildet ist. Und hätte einer mal einen Blick in das Buch geworfen, dann hätte er Passagen wie diese vorgefunden:

„Ich gehe davon aus, dass Sie, die Leserinnen und Leser dieses satirischen Buches, mit dem Prinzip der Ironie vertraut sind. Bevor Sie den Verlag und mich verklagen, ziehen Sie sich ins stille Kämmerlein zurück und sprechen Sie das Wort Neger so oft laut aus, bis Sie lachen müssen. Denn nicht das Wort ist böse, sondern die Haltung dessen, der es in diskriminierender Absicht verwendet.“

 

Böses, böses N-Wort – blöde weiße Mehrheitsgesellschaft
Als die Leipziger Volkszeitung der Sache nachgeht, wird klar, dass Initiatorin Kerstin Schmitt vom Referat für Gleichstellung und Lebensweisenpolitik die empfohlene Sprechübung in ihrer Studentenbude nicht ordentlich gemacht hat. Das Blatt zitiert sie: „Es ist gar nicht unser Anliegen, Herrn Jung als Rassisten zu bezeichnen. Allerdings wird es auch Menschen geben, die den Titel des Buches und die Verwendung des N-Wortes als diskriminierend empfinden.“ Satire sei für sie kein Grund, Menschen zu diffamieren.

Jung Singen können die alle! - Cover 600Das wird ja immer besser: Jetzt sind also sogar schon „Menschen diffamiert“ worden. Aus Gründen der Satire. In einer Stellungnahme bemüht sich das Referat für Gleichstellung und Lebensweisenpolitik um Erklärung und stiftet dabei doch nur noch weitere Verwirrung. Stein des Anstoßes sei das Foto auf dem Cover des Buches gewesen.

„Hierbei zeigt sich unserer Meinung nach eine stereotype Darstellung eines nackten schwarzen Menschen, der durch eine rote Geschenkschleife objektiviert wird. Dies erinnerte uns an rassistische Motivik.“

Ach iwo, es ist doch gar nicht der Autor Marius Jung gemeint gewesen. „Unser Schreiben an den Carlsen Verlag – nicht an den Autor persönlich – bezog sich auf rassistische Inhalte der Werbemaßnahme und beinhaltete nicht die Aussage, Marius Jung sei Rassist.“

Dies alles schön unter der Überschrift: “Thema ist ein Preis, den wir an den Autor Marius Jung verliehen haben.“ Na, also doch. Im gleichen Atemzug werden Autor und Verlag zur Entgegennahme des Rassismuspreises nach Leipzig vorgeladen. Der Termin musste inzwischen von Ende Juni auf Anfang November verschoben werden – aus „organisatorischen Gründen“. Da wollen die Betroffenheitsstellvertreter dann auch mal ein ernstes DuduWörtchen mit dem schwarzhumorigen Komiker reden: „Über eine faire und produktive Diskussion würden wir uns sehr freuen!“

Foto: Jenny Egerer/ Cover: Carlsen Verlag

Weitere Infos:
Schreiben des Studentinnenrats
Artikel im Börsenblatt des Deutschen Buchhandels
Artikel in der Leipziger Volkszeitung
Stellungnahme des Studentinnenrats

Homepage Marius Jung mit TourterminenFacebook Marius Jung

 

 

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