Lisa Politt & Gunter Schmidt feiern Jubiläum im Polittbüro
von Beate Moeller
HAMBURG – Wer bei „Herrchens Frauchen“ wem gehorcht, das lässt unsere Sprache offen. Seit sich Lisa Politt und Gunter Schmidt als Duo vor 30 Jahren diesen Namen gaben, hat er des Öfteren für Verwirrung gesorgt. Als erste Kabarett-Formation inszenierten sie den Streit als Bühnenform und hatten damit durchschlagenden Erfolg. Paare verließen streitend die Vorstellung.
Kennengelernt hatten sie sich im Hamburger Tuntenchor. Er damals ein junger Schwuler aus der Bewegung, sie eine Radikalfeministin, die eigentlich in einer Band singen wollte. Er war so schön, dass sie die Band aufgab, und sie war so laut, dass er seine Orientierung verlor.
Inzwischen betreiben sie im Hamburger Stadtteil Sankt Georg seit 2003 ihre eigene Bühne. Den ganzen September lang wird im Polittbüro am Steindamm das Jubiläum gefeiert. Herrchens Frauchen holt dafür sein erstes Programm aus der Mottenkiste, und Lisa Politt spielt endlich mal wieder ihr erstes Solo. Zum Abschluss dieser Rückschau zeigen sie ihr erfolgreichstes Ensemblestück.
„Fühlt euch wie zu Hause“ –
das erste Stück von 1984
Montag, 1. September bis
Samstag, 6. September 2014
Damals wusste man noch, dass die Zweierbeziehung die Keimzelle der Gesellschaft ist und konnte deswegen die Floskel „Fühlt euch wie zu Hause“ als Drohung empfinden. Die Darstellung eines hochneurotischen, friedensbewegten Paares nimmt das Publikum in emotionale Geiselhaft, reißt es ist hin und her zwischen der fischigen Coolness des Werbetexters Claus Melzer und seiner zwanghaft Partyhäppchen herstellenden Frau Evelyn.
100% Punk Trash. Zum Aufschreien komisch. Grundsätze des bürgerlichen Theaters werden konsequent ignoriert. Auf Dramaturgie wird verzichtet. „Herrchens Frauchen“ stellt sich der Herausforderung, es in den Originalkostümen darzubieten, die vor 30 Jahren gut gepasst haben.
„Marika Rökk und ich –
eine ZwangsVorstellung“
Das erste Solo von und mit Lisa Politt von 1989 ( Co-Autor: Michael Batz)
Dienstag, 9. September bis
Samstag, 13. September 2014
Janis Joplin ist tot, Marika Rökk lebt! – Dieser verzweifelte Aufschrei gegen die Ungerechtigkeit der Welt aus dem ersten Solo von Lisa Politt gellt vielen heute noch im Ohr.
1989 war die Premiere dieses Abends , in dem es um die Abrechnung zweier Generationen geht: der im Hitlerfaschismus aufgewachsenen Mütter und ihrer 68er- Töchter. Eine von ihnen erscheint auf der Bühne als gescheiterte Emanze, die ihr Dasein bei einer so genannten Frauenzeitschrift fristet und den Auftrag erhält, Marika Rökk zu interviewen. Der Ex-UFA-Star, Verkörperung der stahlharten Karrierefrau im Nationalsozialismus, hat jedoch Besseres zu tun, als den unentschlossen gestellten, unbequemen Fragen der Jüngeren zu antworten.
Sie nutzt die Chance zur schrankenlosen Selbstdarstellung, führt das Ansinnen mit ihrem mörderischen Witz ad absurdum und stellt eins klar: Eine Stunde Null hat es für sie nie gegeben.
„Die 7 Todsünden…
treffen sich auf der Eröffnungsfeier eines x-beliebigen Großprojektes in einer nicht näher zu bezeichnenden Hansestadt“
mit Janet Billker, Tommaso Cacciapuoti, Jo Jacobs, Lisa Politt und Gunter Schmidt
Dienstag, 16. September bis Samstag, 27. September 2014
Herr Du Mont, Referent des Vorstandes, steht vor einer schwierigen Aufgabe: Das kulturelle Großprojekt Elbphilharmonie wird und wird nicht fertig. Konzerte sind längst vereinbart, Weltstars engagiert und Verträge unterschrieben. Die Öffentlichkeit der Stadt starrt in großer Erwartung auf die Silhouette am Hafen, die die Weltläufigkeit Melbournes symbolisieren und nicht enden wollende Touristenströme bringen wird.
Die kalkulierten Kosten sind um das x-fache gestiegen, und inzwischen beginnt selbst der verschlafenste Abgeordnete der Bürgerschaft zu mosern: Wie konnte das passieren, wer soll das bezahlen und wie ist das überhaupt mit der Wasserkühlung?
Wenn die Elbphilharmonie-Konzerte jetzt schon ohne Elbphilharmonie stattfinden: Kann man dann nicht zum Wohle aller gleich ganz darauf verzichten?
Ist die Qualität der geplanten Kunst mit 500 Aufführungen pro Jahr als weicher Standortvorteil argumentativ noch hart genug? Hat Hoch-Tief alles schon gewusst? Was kostet eigentlich so eine Wohnung mit Meerblick und Ausblick auf Abu Dhabi, ehemals Bloom & Voss? Fragen über Fragen, die Du Mont quälen.
Jetzt hilft nur noch erstklassige PR-Arbeit. Erste Maßnahme des Referenten: Eine Assistentin muss her, die das alles schlüssig nach außen hin vertritt, sich mit ihrer Arbeit identifiziert und die Interessen ihres Vorgesetzten bedingungslos umsetzt.
Beruflich top, privat gescheitert, lässt sie ihren Frust an ihrem Untergebenen aus.
Plötzlich stehen alle vor einer ganz anderen Schwierigkeit: Wer ist diese Frau, die überall unerwartet auftaucht, ihre CDs im Music Store verschenken und für die Bauarbeiter umsonst musizieren will?
Für diesen Abend hat Georg Kreisler sein letztes Lied geschrieben. Weitere Songs, extra für diesen Abend stammen von Bernd Begemann, Rainald Grebe, Theatre du Pain, Ernst Bechert, Marco Tschirpke, Popette Betancor, Thomas Pigor, Lisa Politt und Stoppok.
Fotos: Fühlt euch wie zu Hause: Carstensen | Marika Rökk: Friedemann Simon | 7 Todsünden: Jo Jacobs
© 2014 BonMot-Berlin
Kartentelefon: 040.280 55 467
Festwochen im Polittbüro:
Montag, 1. September bis Samstag, 6. September 2014
„Fühlt euch wie zu Hause“ – das erste Stück von 1984
Eintritt: 15 € / erm.10 €
Dienstag, 9. September bis Samstag, 13. September 2014
„Marika Rökk und ich – eine ZwangsVorstellung“
Das erste Solo von und mit Lisa Politt von 1989
Eintritt: 15 € / erm.10 €
Dienstag, 16. September bis Samstag, 27. September 2014
( außer So, 21. und Mo, 22.9.)
„Die 7 Todsünden…“ – das bisher erfolgreichste Ensemblestück im Polittbüro
Eintritt: 20 € / erm.15 €
Polittbüro, Steindamm 45, 20099 Hamburg
Kartentelefon: 040.280 55 467
Ein Gedanke zu “30 Jahre Herrchens Frauchen: Festwochen in Hamburg”