Robert Griess: „Ich glaub‘ es hackt!“
von Carlo Wanka
BERLIN – 20 Uhr. Die Sommerpause ist passé, Publikum trifft sich wieder in den Theatersesseln. So auch in den Wühlmäusen in Berlin. Robert Griess, ein Kölsche Kabarettist mit politischem Anspruch, steht vor 180 meist preußischen Augenpaaren. In rheinländischer Gelassenheit erklärt er, dass er keinen erkennt, da die Scheinwerfer so blenden.
Ihm würde Applaus sehr helfen, und die Reaktion des Publikums würde ihn anspornen, dies dann wiederum das Publikum und dieses wiederum ihn, und so würde man sich prächtig in den Abend steigern. Den Menschen um mich herum steht die Unzumutbarkeit wie eingemeißelt in den Gesichtern und leises höhnisches Geräusper zieht durch die Reihen. Ich sage es gleich vorweg: In Berlin ist aller Anfang schwer, aber er hat sie alle gekriegt und das zu Recht. Schon lange habe ich kein so intelligent gestaltetes Programm erlebt.
Robert Griess, dem Berliner Publikum eventuell eher durch die alljährliche „Schlachtplatte“ in der Distel bekannt, wo er mit vielen namhaften Kollegen einen sehr speziellen Jahresrückblick gestaltet, ist ein echter politischer Kabarettist. Er spielt Figuren wie den prolligen Hartz-IV-Empfänger Stapper, der mit argem Schabernack nicht nur die Reichen und Veganer ärgert, gleichwohl selbst RTL („rittel“ – wie er es ausspricht) boykottiert, da dort seinesgleichen nur als blöde Prolls dargestellt werden. Wer wissen will, wie man als Hartz-IVler zu einem Luxusauto kommt, in seinem Fall gleich zu einem ‚Hummer‘, der sollte Herrn Stapper gut zuhören.
Die BWLer scheinen Herrn Griess besonders zu inspirieren, ihnen legt er die Welt gleich zweimal zu Füssen. Die ständige Verflechtung von Macht und Ohnmacht, von Sinn und Unsinn bis hin zum Sein und sein lassen, sprengt den Abend. Ob als Bündnis-Grüner, der zu Wort kommt und es verbal zu bunten Blüten, bis hin zu oliv treibt, oder als Global-Player-Consultant, der jedes große fiese Geschäft Whiskey nippend in seiner Notwendigkeit erklärt. Er beherrscht seine Charaktere.
Er zieht sein Publikum mit in die tiefen Abgründe, indem er zum Beispiel Steuerflüchtlinge den politischen Flüchtlingen gewagt gegenüberstellt und schafft es, wenn die Stimmung total am Boden liegt, punktum mit einem saloppen Satz die Fesseln auf zu lösen. Lachenden Zuschauern in Erwartungshaltung mit leichter Gänsehaut, verspricht er Dinge zu sagen, die sie sich zuvor nie gedacht hätten – und sie taten es.
Zu parodieren ist ein beliebtes Mittel. Angela Merkel dabei den Zungenschlag von Dieter Hallervorden zu geben, witzig. So lässt Robert Griess eine nichts aussagende Queen Mutti in ‚Didi macht das schon‘-Manie auf die Zuschauer mit der Neujahrsansprache los. In wohlüberlegten Sätzen kolportiert er damit die Unzulänglichkeiten der EU-Mächtigen absolut alternativlos.
Die Funktion eines Krisengipfels und die logische Konsequenz, warum alle auf den Deutschen sauer sind, dass Zinsen die eigentliche Krux und der Transfermarkt für Politiker schon längst überfällig seien, sind echte Erkenntnisse – deswegen geht unsereins schließlich ins Kabarett.
Mit Robert Griess‘ „Ich glaub‘ es hackt“ haben die Wühlmäuse mal wieder bewiesen: Der Weg lohnt sich.

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Fotos: BonMoT-Berlin / Carlo Wanka
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