Neue politische Kabarett-Programme von HG.Butzko und Thilo Seibel
von Marianne Kolarik
KÖLN – Warum geht man eigentlich ins politische Kabarett? Diese Frage stellt HG.Butzko zu Beginn seines neuen Solos „Super Vision“ – und gibt in den folgenden eineinhalb Stunden eine plausible Antwort darauf: Hier wird dem Zuhörer klar gemacht, was Freund und Feind im Innersten zusammenhält. Ist schließlich nicht so einfach, den einen vom anderen zu unterscheiden.
Auch Thilo Seibel dröselt in seinem Programm „Das Böse ist verdammt gut drauf“ die – nur auf den ersten Blick komplizierten – Wechselwirkungen auf, mit denen sich die Guten von den Schlechten, die Heilsbringer von den Teufelchen, die Gottgesandten von den Verdammten trennen lassen.
Genau das ist das Gebot der Stunde angesichts der politischen Verwerfungen, die aus Krisengebieten im Handumdrehen Kriegsschauplätze machen. Eines steht schon mal fest – auch Christoph Sieber formuliert das in seinem „Clip zum Sonntag“ – w i r, also der Westen, sind immer die Guten. Punkt. Nur der jeweilige Gegner kann mal gut oder böse sein, ganz nach Interessenlage.
Dabei war das nicht immer so. Im Mittelalter hat man schlaue Frauen als Hexen verbrannt. Juli Zeh und Caren Miosga wären heute dran, so es die Inquisition noch gäbe, glaubt Seibel. Hat man glücklicherweise abgeschafft. Der auf einem aufblasbaren Sessel sitzende Kabarettist holt zunächst weit aus, um später umso deutlicher zur Sache zu kommen, bezeichnet Ursula von der Leyen als das „blond geföhnte Grauen“, führt „unseren Bundesgauck“ mitsamt seiner rhetorischen Ausrutscher vor und attestiert Thomas de Maizière einen blitzsauberen Gedächtnisschwund.
Soweit zu den Gestalten, an denen Humorarbeiter kaum vorbei kommen. Aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail – und in der verzweifelten Suche nach ein bisschen Gerechtigkeit. Wie es mit dieser bestellt ist, macht Seibel mit Hilfe eines Einmachglases deutlich, in dem rund 800 Smarties – vergeblich – auf ihre Verteilung hoffen. Der Krieg zwischen Arm und Reich hat längst begonnen. Fragt sich nur, warum wir ihn tatenlos hinnehmen. Seibel weiß es: Die Medien machen’s möglich. Da würde zum Beispiel über den Investorenschutz des Freihandelsabkommen berichtet als sei das ein Naturgesetz – den Ökonomen sei Dank.
Günther Oettinger, den ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und EU-Kommissar für Energie, outet er als den lustigen Harlekin des Bösen, dem bayerischen Ministerpräsident Seehofer bescheinigt er, die Windmühlen, gegen die er kämpft, selbst aufgestellt zu haben und Ronald Pofalla sei der Luftbefeuchter des Bösen – ab Januar übrigens bei der Deutschen Bahn. Beelzebub hat schließlich viele Gesichter. Er kann sich in einem Brückenhohlkasten niedergelassen haben oder in den Drohnen, die der Bundesregierung nicht unähnlich sind: „Es sitzt keiner drin, der das Ding steuern könnte“.
Ähnlich kundig wie der Kollege Butzko legt er die Schwachstellen der Bankenaufsichts-Behörden am Beispiel von Jörg Asmussen, Hans-Dampf in allen Gassen der Geldvermehrung und des Verschleuderns, bloß und fragt mit gespielter Naivität, wieso die NSA trotz all ihrer ausgeklügelten Überwachungs-Methoden keine Steuerhinterzieher findet. Am Ende lässt Thilo Seibel seine Tochter zu Wort kommen, die ihn dereinst einmal fragen wird, wieso niemand etwas gegen all die drohenden Katastrophen unternommen habe. Ein Abend, der klar macht, wieso der Mensch ins politische Kabarett gehen sollte.
©2014 BonMoT-Berlin
Foto Butzko: BonMoT-Berlin/ Carlo Wanka
Foto Seibel: PR Thilo Seibel/ Thorsten Kern
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