Das werden wir den Urenkeln dann vielleicht erklären müssen: dass Casting früher Vorstellungsgespräch hieß. Und dass ein Gespräch so etwas war wie ein Chat. Nur ohne Smileys.
Mit den technischen Möglichkeiten wächst die Zahl der Warnhinweise: Ein Selfie ist kein Passbild. Erst nach dem Vorstellungsgespräch twittern, wie man die Krawatte des Personalchefs mode-historisch einordnet. Und, für Frauen unter 40 neuerdings ganz wichtig: Social Freezing ist zwar ein Thema, ein Foto der für später eingefrorenen Eizellen gehört dennoch nicht in den Lebenslauf. Schriftlicher Nachweis genügt.
Gefahren lauern erst recht bei der Selbstpräsentation per Bewegtbild. Hier möglichst keine Videokassette einreichen, auf der nach der Bewerbungs-Performance noch der Rest eines Mitschnitts von „Die Olsenbande fährt nach Jütland“ zu sehen ist. Es könnte vom Eigentlichen ablenken.
Komplizierter wird es bei Bewerbungsgesprächen, die komplett per Video geführt werden. Hier, so rät die Zeitschrift „Personalmagazin“, sollten Nebengeräusche möglichst vermieden werden, da sie – Tücke der Technik – beim Empfänger oft viel lauter ankommen. Das beginnt beim Rascheln mit Papier oder beim Klicken mit dem Kugelschreiber, geht über Vibrationen von Smartphones und reicht bis zum Klirren von Gläsern.
Also auf die akustisch passende Umgebung achten – oder sie dem Anlass entsprechend inszenieren. Es muss nicht eingespielter Beifall sein. Die Familienfeier zu Opa Huberts 90. aber wäre die perfekte Umgebung, um psychosoziale Belastbarkeit zu demonstrieren.
© 2015 BonMoT-Berlin
Hat dies auf Querbeet rebloggt und kommentierte:
Früher war halt alles anders, aber heute ist es deshalb nicht besser, wie ich meine.