Sie gilt als gefährliche Farbe. Gefährlich, nicht wild. Mit Rosa und Herrenoberhemden nämlich, so legen Modekritiker nahe, verhält es sich wie mit dem Ausspähen unter Freunden: Geht gar nicht. Anders als in der NSA-Affäre ist in der Rosa-Hemden-Sache schon ermittelt, wer was wie darf. Dafür sorgen Designerplaudertaschen wie „Shopping Queen“-König Guido Maria Kretschmer. Wie manchmal, wenn’s gefährlich wirkt, hilft über dünner Haut ein dickes Fell.
Ein Blick in die Vergangenheit tut’s auch. „Wussten Sie, dass Männer zu Beginn des 20. Jahrhunderts rosarote Unterhemden trugen?“, fragt das Haus der Geschichte Baden-Württemberg. Und antwortet mit der Ausstellung „Auf nackter Haut – Leib. Wäsche. Träume.“ In der „Kultur- und Sittengeschichte“ verblasst rosaroter Schrecken neben „Funktionskleidung“. Die ist keineswegs eine Erfindung der Indoor-Kletterwald-Generation. Schon vor über 100 Jahren sollte Unterwäsche „wetterfest, affektfest, seuchenfest“ sein, das Material den Stoffwechsel beleben durch eine „ruhige, gleichmäßig-energische Reibung der Haut“. Wird dies von einem Menschen erwartet, ist weniger Stoff oft mehr.
Wer je mit winterweißem Teint im Scheinwerferlicht einer Kaufhaus-Umkleide „sinnliche Corsagen“ der Realität ausgesetzt hat, weiß, wie Unterwäsche oberirdisch wirken kann: schlimm. Als das Private politisch wurde, wurde es leider auch sichtbar. Je mehr die einen sich bedeckt halten, entblößen sich die anderen. Doch das ist schon wieder eine andere Sittengeschichte.
© 2015 BonMoT-Berlin
Hat dies auf Die Erste Eslarner Zeitung – Aus und über Eslarn, sowie die bayerisch-tschechische Region! rebloggt.