Unsere Art zu leben – Kolumne von HG.Butzko
Liebe Freunde des politischen Kabaretts,
am Freitag, den 13.11. kam ich nach meinem Auftritt beschwingt in mein Hotelzimmer, schaltete nichts ahnend den Fernseher ein, und freute mich auf die „heute-show“, als ich diese Scheiße in Paris sah.
Meine erste Reaktion darauf war erschüttert und betroffen, und ich war nicht in der Lage, Phrasen von Trauer und Mitgefühl abzusondern. Aber schon 10 Minuten danach war mein nächster Gedanke von der Furcht geprägt, dass diese Vorgänge instrumentalisiert werden würden, um eine Radikalisierung auf allen Seiten gegenseitig hochzuschaukeln. Schon am nächsten Morgen zeigte sich, dass diese Instrumentalisierung bereits in vollem Gange war. Rassisten, Aluhüte, Xenophobe, Medien, Militaristen, Verschwörungstheoretiker und nicht zuletzt Markus Söder – alle konnten es kaum abwarten, ihr Süppchen zu kochen. Vor allem aber ein Wort machte ganz schnell die Runde:
KRIEG!
Und ich frage mich: „Sagt mal, gehts noch?“ Ein Anschlag ist ein Anschlag ist ein Anschlag. Begangen von Verbrechern und ihren Hintermännern, die dafür zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Aber was will man uns mit dem Wort KRIEG sagen? Vor allem dann auch noch in der Formulierung „gegen unsere Art zu leben“ –
„KRIEG gegen unsere Art zu leben!“
Richtig, Menschen, die ein Fußballspiel oder ein Rockkonzert besuchen, ins Café gehen, um zu Abend zu essen, wollen einfach nur für ein paar Momente unsere Art zu leben genießen und haben niemanden etwas getan. Sie abzuschlachten, und dazu noch wehrlos, ist barbarisch und durch nichts zu rechtfertigen. Auch nicht durch die Art zu leben, die die Täter bevorzugen. Unser Mitgefühl gilt den Opfern und Hinterbliebenen.
Was mich an diesem Satz aber ausgenommen begeistert, ist die unglaublich differenzierte, ja geradezu dialektische Analyse, die herauskristallisiert, dass „unsere Art zu leben“ wesentlich friedfertiger ist als alle anderen Arten zu leben. Wir töten nicht mit Kalaschnikows und Sprengstoffgürteln. Wir benutzen bei unserer Art zu leben Ellenbogen, Ausgrenzung, Diskriminierung, Ausbeutung, Austerität, Umweltzerstörung, Waffenlieferungen, Drohnenangriffe und Interventionskriege. Das alles ist auch barbarisch, passiert täglich, und ist mitunter durchaus auch geeignet, Terroristen zu erzeugen. Mal nebenbei gefragt: Woher haben die eigentlich ihre Waffen? Kleiner Tipp: Vielleicht mal Sigmar Gabriel fragen.
Natürlich dürfen wir nicht wegen irgendwelcher durchgeknallten hirngewaschenen Fanatiker unsere Art zu leben ändern. Aber wegen der anderen 7 Milliarden Menschen auf der Welt sollten wir so langsam irgendwann schon aber mal damit anfangen.
Gewalt gegen unsere Art zu leben ist scheiße. Jede Gewalt ist scheiße. Aber wenn man suggeriert, dass „unsere Art zu leben“ nicht eine Mitverantwortung für diese Gewalt hat, dann brauchen wir unsere Art zu leben natürlich auch nicht einer selbstkritisch reflektierten Diagnose zu unterziehen, und unseren eigenen Anteil an der Gewaltspirale auch nicht näher zu beleuchten. Dann lieber: Auf sie mit Gebrüll! Damit wir auch morgen noch kraftvoll weitermachen können mit unserer Art zu leben!
KRIEG ! KRIEG ! KRIEG !
… ach ja: und frohe Weihnachten!
In diesem Sinne wünsche ich uns:
LOVE & PEACE & EGGS TO SEA
von Herzen herzlichst Euer
Herz-Günter Butzko
©2015 HG.Butzko/ BonMoT-Berlin
Wer diesen Letter kommentieren will, tut das entweder HIER auf Butzkos Blog oder HIER bei Twitter oder HIER bei Facebook oder nutzt die Kommentarfunktion unten. Aus aktuellem Anlass HIER ein Statement über Religionen und Religiösität. Und wer noch kein Weihnachtsgeschenk für seine Liebsten besorgt hat, dann wirds ja wohl so langsam höchste Zeit, und der kann das gerne HIER tun.
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Die Instrumentalisierung der Tat erfolgte noch schneller als bei Charly Hebdo, immerhin wußte jetzt die Strippenzieher was die Menschen nach so einem Attentat bewegt. Danke für den Beitrag.
Hat dies auf Rainer "rcpffm" Peffm 's mobile blog and diary rebloggt und kommentierte:
*** reblogged ***
kurz, knapp, und so ziemlich das Beste zu den aktuellen Ereignissen und Diskussionen, was ich seit langem gelesen habe.
… unsere Werte, unsere Leidkultur …
ich werde das rebloggen.
Hat dies auf Freidenkerins' Weblog rebloggt.
Hat dies auf Die Erste Eslarner Zeitung – Aus und über Eslarn, sowie die bayerisch-tschechische Region! rebloggt.