Verspätung ist Luxus – Glosse von Janina Fleischer

Janinas Glosse - design cwankaSchlendern ist Luxus, hat Ulla Meinecke einst gesungen. Das war, als Geiz noch nicht geil war und Bahnfahren bezahlbar. So teuer wie in Irland ist es hierzulande zwar noch nicht, also wie eine Tour mit dem „Belmond Grand Hibernian“, allerdings auch nicht so bequem. 5500 Euro kostet die Fahrt, berichtet Spiegel-Online, da ist dann aber auch schon alles mit drin. Sogar Mitropa.

Fünf Tage dauert das Vergnügen. Das ist in diesem Fall Absicht. Denn beim „Belmond Grand Hibernian“, der zwischen Belfast und Cork verkehren soll, handelt es sich um Luxus. Und dazu gehört neben dem Schlendern die Nostalgie. Da in Irland die Bundesländer Grafschaften heißen, nimmt es nicht wunder, dass Kissen und Sitzpolster aus Tweed sind und der Panoramawaggon einem Salon gleicht. Die Reisenden nehmen in Doppelabteilen Platz, die über ein eigenes Bad verfügen, im Bordrestaurant werden Meeresfrüchte gereicht. Whiskey versteht sich von selbst. Und natürlich hält der Zug immer mal an. Nicht grundlos in der Einöde, sondern für Ausflüge an Seen oder Schlösser. Es geht, wir kennen es vom Orient-Express, im Großen, Ganzen und Weiten mehr um den Weg als um das Ziel.

Liebe Deutsche Bahn, es ist doch eigentlich ganz einfach. Alles nur eine Frage der Bezeichnung. Nennen Sie ungeplante Stopps „Sonderangebot Landschaft“, integrieren Sie die aufgewärmten Fertigspeisen aus dem Bordrestaurant ins „Betreute Heilfasten“. Und sind denn Verspätungen etwas anderes als Nostalgie? Bummeln heißt Schlendern, und Schlendern ist Luxus. Das kann dann auch mal teurer werden.

©2016 BonMoT-Berlin

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