„Hoffnungslos optimistisch“ – Christoph Sieber
von Carlo Wanka
Sieber dreht sich die Welt wie sie ihm gefällt, ach nee – er dreht auf, weil ihm vieles nicht gefällt. Vieles fällt aus heiterem Himmel ihm zu Füßen, er tritt drauf, kickt es an, buckelt sich mit ab und bringt es auf der Bühne auf den Punkt. Er will sich nicht echauffieren, doch manchmal bleibt einem wie ihm da keine Alternative – es muss sein. Es ist so vieles in Schieflage und manches voll verdreht, so auch seine neue CD, die mit Applaus beginnt und dann … kein „Guten Abend“ oder flapsiges „Hallöchen“.
„Gibt es noch Fragen?“ fragt er uns Zuhörer, die wir doch vom Kabarett und speziell von ihm die Antworten auf die relevanten Fragen unserer Zeit erwarten. Man möchte sich fragen, wie er, der uns anbietet mit noch mehr Fragen nach Hause zu gehen, uns in 15 Tracks begeistern will und dieses Dilemma der geschnörkelten Zeichen in den Köpfen auflösen möchte?
Das ist ein Geheimnis seiner Kunst: Er rammt Balken in den weichen schwammigen Boden und baut Planken, auf denen wir ihm folgen und staunen können. Er ermöglicht uns damit seine Sicht auf die Wogen und Fluten von scheinbar unlösbaren Problemen. Seine Haltung ist dabei ernsthafte Ironie, seine Texte sind Gedankenbilder, die uns das Absurdum anschaulich machen. Er poltert und schimpft, er galoppiert und springt. Wir lachen.
Er schafft es immer wieder der Tragik ein luftiges Gewand anzulegen und lässt uns dieses mit Orkanstärke um die Ohren flattern. Spitzbübisch schmunzelnd baut er Utopien der Zukunft auf und lässt uns wissen, das ist Realität. Und wir wissen, dass wir es wussten und applaudieren.
Manchen mögen zu viele Themen nur angerissen sein. Anderen mag er zu verletzend erscheinen. Es soll auch Besucher seiner Vorstellungen gegeben haben, die ihn gar für arrogant hielten. Ja, und genau das alles ist er, der Christoph Sieber in seiner Rolle. Wenn seine wohl überlegte Figur auf der Bühne nicht diese starken Charaktere spielen würde, wäre es wohl kaum zu managen, ein Programm in dieser lustigen, lässigen Bösartigkeit zu gestalten.
Er hat eine Methode entwickelt, um mit dem Wahnwitz der Realität hart ins Gericht zugehen – der sich selbst Hinterfragende, der sich optimistisch gegen die Hoffnungslosigkeit stellt. Dazu benötigt er keinen Lederhandschuh und keinen anderen Namen, sowas wäre Old School. Wenn überhaupt, orientiert er sich offenbar am großartigen Hildebrandt, spricht jedoch aus, was der Altmeister lieber verschluckte.
Christoph Sieber, der 2015 mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet wurde, zeigt erneut, wie er es schafft zwischen den großen Weltthemen und der eigenen Fehlbarkeit zu balancieren und bilanzieren, eben ‚Hoffnungslos optimistisch‘.
Der Mitschnitt aus dem Alma Hoppes Lustspielhaus in Hamburg ist eine Produktion, die bei WortArt erschienen ist und bei ‚einlächeln‚ bestellt werden kann. Die Fotos stammen von seinem Auftritt am 2.4.2016 in den Wühlmäusen Berlin
Fotos: CD-Cover – WortArt | Sieber – Carlo Wanka
© 2016 BonMoT-Berlin Ltd.
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