Mit Cello, Charme und Duden – Kritik Carrington-Brown
Carrington-Brown: „10“ – Premiere in der Bar jeder Vernunft
von Gilles Chevalier
BERLIN – Die ersten Worte im neuen Programm „10“ von Rebecca Carrington und Colin Brown werden nicht von den beiden Künstlern gesprochen. Die beiden Engländer lassen dem Ältesten auf der Bühne den Vortritt, und das ist das Cello Joe. 235 Jahre hat es inzwischen am Stachel und nun Gelegenheit, sein bisheriges Leben vorbeiziehen zu lassen.
Bei ihrer Großmutter haben Rebecca Carrington und Joe zusammengefunden. Daraus hat sich eine never-ending story entwickelt.
Mittlerweile arbeiten Rebecca Carrington und Colin Brown, die sich kurz und knapp nur Carrington-Brown nennen, seit zehn Jahren gemeinsam auf der Bühne und leben und arbeiten seit zehn Jahren in Deutschland. Ach ja, und seit zehn Jahren sind sie auch miteinander verheiratet. Naheliegend, das neue Programm „10“ zu nennen und Bilanz zu ziehen.
Wie sehr sie in Deutschland angekommen sind, drücken Carrington-Brown elegant dadurch aus, dass sie das Programm „zehn“ genannt haben – nicht etwa „ten“! Und mit der deutschen Sprache ist das ja so eine Sache, wenn man sie nicht mit der Muttermilch aufgesogen hat. Carrington-Brown stellen sich der Herausforderung: Colin Brown, der auf der Insel viel Shakespeare gespielt hat, kann alle dramatischen Werke des Meisters aufzählen. In einem Song. Mit einer expressiven Choreographie. Das Publikum liegt ihm zu Füßen.
Auch Rebecca Carrington hat sich auf das Deutsche eingelassen. Sie weiß: „Im Duden findest du auf jeden Fall für jeden Fall den Fall.“ Wenn sie dann noch zum „Der-Die-Das-Lied“ ansetzt, gibt es kein Halten mehr. Gesungene Grammatiktafeln sind eben etwas Besonderes. „Wenn Du die Pronomen kannst // Gibt es einen Freudentanz“, endet der Song. Herrlich!
Doch auch die englische Sprache in deutscher Benutzung kann unübersichtlich sein: „Payback Karte. Ein englisches Wort – ich verstehe es nicht!“, verzweifelt Colin Brown. Doch bevor es vollends unübersichtlich zu werden droht, greift sich Colin Brown einfach seinen Dudelsack und lässt sich von Rebecca Carrington am Cello begleiten. Eine ungewohnte Kombination, die ausgesprochen harmonisch klingt und den Duft von Ente mit Rotkohl regelrecht aus der Bar jeder Vernunft fegt.
Colin Brown ist natürlich für diesen Auftritt stilecht gekleidet: Als Kopfbedeckung trägt er ein Balmoral Bonnet und natürlich einen Kilt. Allerdings einen Kilt in den deutschen Nationalfarben! So ist es dann nur ein kleiner Schritt, Haydns „Kaiserquartett“ und Fischers „Atemlos durch die Nacht“ auf dem Dudelsack anzuspielen…
Es sind diese Details, die den Abend so liebenswert machen. Carrington-Brown führen fast unmerklich von Thema zu Thema und sind dabei sehr persönlich. Rebecca Carrington schlägt vor: „Wir nehmen einen Kochtopf und machen einen Liebes-Eintopf.“ Welch bessere Einleitung zum Song „Recipe of Love“ kann es geben?
Der Spaß am musikalischen Ausdruck kommt dazu. Das „Opera Medley“ mit einem Dutzend Zitaten am Cello gespielt, gibt einen Eindruck von der Bandbreite der beiden Künstler. Und es ist ausgesprochen gewagt, hat sich doch hier Tschaikowskis „Schwanensee“ eingeschlichen – obwohl in Berlin derzeit die Vogelgrippe herrscht… Die Kombination aus Chopins „Minutenwalzer“ und Brels „Valse à mille temps“ ist ebenfalls brillant, denn auch hier wird nur am Cello begleitet.
Die Mischung aus feinem Humor, persönlichen Geschichten und großem musikalischen Können kommt sehr gut an. Carrington-Brown gestalten mit „10“ einen so herrlichen Abend, dass man schon ungeduldig auf das nächste Programm zu warten beginnt.
© 2016 BonMoT-Berlin
Fotos: © XAMAX
Noch bis zum 4. Dezember 2016 (außer 28. November) in der Bar jeder Vernunft | am 6. Dezember 2016 im Tipi am Kanzleramt | 10. bis 22. Januar 2017 wieder in der Bar jeder Vernunft | alle weiteren Termine bei Carrington-Brown
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