Georgette Dee & Terry Truck: „Frühlingsrausch“
von Marianne Kolarik
KÖLN – Dem Frühling kann sich keiner entziehen. Dem „Frühlingsrausch“ schon gar nicht. Er nimmt das zahlreich herbei geströmte Publikum im Kölner Gloria-Theater, das eine von 35 Veranstaltungen des „Sommerblut-Festivals“ (bis 21.5.) besucht, vom ersten Augenblick an gefangen.
„Ein Frühlingsgott kam auf mich zu/ Und der war nicht mehr zwanzig/ Er lachte wie Magnolien blüh’n/ Und meinte mich – tatsächlich mich“, heißt es zu Beginn des gleichnamigen Chansons von Georgette Dee und Terry Truck, dem genialen Komponisten und Begleiter der Diseuse im „Kleinen Schwarzen“. Ein sanft fließendes Samtkleid, das jeder ihrer Bewegungen schmeichelt – und aussieht wie ihr Bühnen-Outfit aus früheren Zeiten.
Dabei befindet sich Georgette ganz in der Gegenwart, zum Beispiel mit dem Lied „Mai-Spargel stechen“, in dem es heißt: „Liebeswahn – Löwenzahn/ Tanz – Schwanz/ Rosenbrüste – Erdbeerlüste“, ein Song, dem sie mit ihrer vollen, warmen und reifen Stimme eine feinherbe Note verleiht. Ohne zu rauchen. Die neben ihr stehenden Getränke sehen wie Wasser aus, sind aber vermutlich mit Dschinn (Gin) angereichert. Das beflügelt die Phantasie. Von der hat ihr der liebe Gott reichlich mitgegeben. Schon als Kind habe sie Geschichten geliebt, erzählt sie nebenbei. Das Schöne am Frühling sei, dass man vom Hölzchen aufs Stöckchen kommen könne – bis man plötzlich auf einer Nacktschnecke ausrutscht.
Im „Amsellied“ besingt sie den schwarzen Vogel, der gerne auf ihrem Arm sitzt – oder sie kündigt mit Friedrich Hollaender an: „Kinder, heut‘ Abend, da such ich mir was aus…“, ein musikalischer Straßenfeger, den sie mit Hintersinn intoniert wie alle bekannten und weniger bekannten Songs, die eine ganz besondere, rauschhafte Atmosphäre erschaffen, der sich keiner entziehen kann – oder will. Einer der Abende, an denen man einen verstohlenen Blick ins Paradies werfen durfte und sich denkt „hier will ich bleiben“. Und zwar von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt.
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Foto: Simon Wyss