von Carlo Wanka
BERLIN – „Pimmel-Witz ist nicht so deins?“, fragt Weltzien einen Mann, nachdem er keine großartige Reaktion vom Publikum des ComedyClub Kookaburra erhält. Also folgert er unverdrossen: „Eher die Kabarettfraktion? – Ja, ich sehe das hier am Hemd oder so.“ Damit leitet er zum Konflikt zwischen Kabarett und Comedy über. Nach einigen unausgegorenen Erläuterungen erklärt er, dass man ihm schon gesagt hätte, dass es bei ihm egal sei, ob er Comedy oder Kabarett mache, denn bei ihm handele es sich sowieso immer um Kleinkunst. Jetzt ist er im Thema – in seinem Thema, der 167 cm große Schauspieler. Jetzt ist Quatsch-Comedy-Unterhaltungsniveau angesagt. Alle, egal wie ausgedachten Schoten enden als Anspielung auf seine Körpergröße.
Der gebürtige Sachse bringt es fertig, von seiner in der Geschichte dargestellten Figur, einer krossgetoasteten Chantal mit fragwürdigem IQ auf uns alle zu schließen. Die gellende Dame versteht nicht, wie ihr Spiegelbild ins Gruselkabinett kommt. Das sei, so erklärt es uns Roman Weltzien, ein zu bedenkendes Problem – für uns alle. „In was für einem Zustand müssen sich unsere Gehirne befinden, wenn wir heute im 21. Jahrhundert mittlerweile mit unserem eigenen Spiegelbild mental überfordert sind?“ Schimpansen und Orkawale seien da ja klüger, bekommt man erklärt. Doch der Kracher kommt erst noch: „… und das ist eine große Krankheit unserer Zeit! Wir können heute nicht mehr selbstständig denken!“ Die sechste Minute des Programm wäre ein guter Moment gewesen zu gehen. Wenn ich es recht bedenke. Ich bleibe.
Obwohl Weltzien als Schauspieler schon so manche gute Rolle bespielen durfte, scheint noch die Reife zu fehlen, die er benötigt, um in der Comedy- und Kabarettfraktion zu punkten. Schauspielerisch fehlt es dabei an nichts, aber inhaltlich stellt er sich anfangs als ein Künstler vor, der durchaus Potenzial beweist, aber wie ein Federweißer fungiert – süffig, jedoch nicht reif.
Die Persiflage auf die neumodischen Namen und die Musicalnummer hingegen sind stimmig.
Warum sein ICE, eine gut gedachte Musicalnummer des Programms, mit Nebel wie eine alte Dampflok auftritt, ist nicht schlüssig, zumal dann der Regionalexpress ohne alles auskommen muss. Aber wer schleppt auch schon gerne einen Rollator von Auftritt zu Auftritt?
Überzeugend ist der Text aus dem Tagebuch, in dem er vieles aus dem ersten Teil vor der Pause in neuer Perspektive zusammenfasst. Mit der Figur seines Tyler-Maddox bekommt er das Publikum endgültig auf seine Seite, was nicht verwundert. Da spielt er eine authentische Klischeeadaption eines Jugendlichen mit urbanem Migrationshintergrund. Es fehlt ihm auch nicht am Selbstvertrauen, ins Publikum zu gehen und die direkte Kommunikation zu fordern.
Gegen Ende geht er auf Hirnwäsche und Synapsenkarneval ein. Mit Hilfe von Kinderliedern, biergeschwängerter Freundin, Uniformierten, der Bild-Zeitung und anderen. Vor allem Dank des Internet, der Tutorials und der Frage-Antwort-Foren. Er fordert alle auf, diese Hirnwäsche anzunehmen. Jetzt sprudelt es aus Roman Weltzien heraus. Ein Feuerwerk aus kuriosen Vorschlägen, die helfen können, zündet er an. Man sollte sich vor allem an den Tieren orientieren. Mit dem glücklichen Mistkäfern beschließt er den offiziellen Teil. Doch da ja am nächsten Tag ein wichtiges Ereignis ansteht, beendet er den Abend mit einem am Abend zuvor geschriebenen Tiergedicht, welches mit der Mahnung endet: „…nur so weit darf Tierliebe nicht gehen, dass wir Männer mit Hundekrawatten wählen.“
Im Fazit hat dieser kleine Mann recht große Ansätze im Programm, oft auf den Nebenspielplätzen. Sein Potenzial zum Kabarettisten zeigt er deutlich. Noch will er provozieren und niemanden weh tun. Vielleicht, damit man ihn, obwohl er gerade jemanden als Vollpfosten, Frikadellenfatzke oder Honk bezeichnet hat, lieb hat. Also wenigstens das Publikum, bei dem er sich immer wieder rückversichert. Überheblichkeit muss man sich leisten können. Vergleiche wollen überlegt sein. Warum der Programmtitel ‚Brainwashed‘ heißt, erschließt sich nicht ganz. Stellenweise fehlt der Zusammenhang oder wird manchmal mit gar hirnakrobatischen Argumenten dahin gebrochen. ‚Brainstorms‘, die präsentiert der Chemnitzer am laufenden Band. Bis auf den zähen Anfang ist vieles gut angedacht. Gut auch, wenn man seinem Gehirn nicht traut und bleibt. Lustig ist er – auf jeden.
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Fotos: Carlo Wanka
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