Alfons: „Wiedersehen macht Freunde“
von Carlo Wanka
BERLIN – Alfons, die Kunstfigur mit dem Puschelmikrofon von Emmanuel Peterfalvi, ist seit den 90ern nicht mehr von unseren TV-Bildschirmen verschwunden. Der gebürtige Franzose, Ingenieur für Kommunikationstechnologie, hat mit Alfons einen Charakter erschaffen, der so eigenständig ist, dass er sich den gängigen Kriterien von Kabarett und Comedy entzieht. „Ach, der komische Franzose mit dem merkwürdigen Mikrofon, ja den habe ich schon gesehen. Der ist lustig.“, sagte neulich ein Freund, der mit Kleinkunst so gar nichts am Hut hat. Ja, die wandelnde orange Trainingsjacke ist dem deutschen Publikum bekannt, und so wundert es auch nicht, dass das Theater der Wühlmäuse bei seinem Auftritt total ausverkauft ist.
Er liebt es zu provozieren, subtil unschuldig fragt er: „Gibt es Franzosen im Saal außer ich?“ Eine Dame aus Clermont-Ferrand meldet sich. „Sie kennen Clermont-Ferrand?“ fragt er die Zuschauer, die verhalten reagieren. „Du hörst die Begeisterung? Hättest du gesagt, ich komme aus der Provence oder ich komme sogar aus der Bretagne…“ begeistert Alfons das Publikum, um dann mit hängenden Schultern, geknickt fortzufahren: „Ich komme aus der Clermont-Ferrand, kennen Sie? Ja, leider! … Das Wetter ist dort noch scheißer als in …“.

Man versteht nichts mehr, denn das Lachen schluckt die letzten Worte. In dieser Weise führt Alfons uns durch den Abend. Ob über Frankreichs Politiker und insbesondere über Macron, warum ausgerechnet er Staatspräsident wurde oder über Religion. „Die Bibel zum Beispiel in Frankreich, pfrrr, kommt nicht an als Buch – außer eine Stelle. Das ist die Stelle, wo Jesus Christus das Wasser in Wein umwandelt!“ Deutsche Ordentlichkeit contra französische Unbefangenheit – dieser Themenschwerpunkt reizt die Menschen im Saal zu ohrenbetäubenden Lachsalven. Dabei wägt er es gerissen ab, so dass die Deutschen wie die Franzosen ihr Fett abbekommen. „Drei Stunden Warnstreik bei der Deutschen Bahn heißt in Frankreich Mittagspause.“
Die Rahmenerzählung, die in Paris passierte, handelt von seinen Freunden Jean-François und Jérôme. „… und ganz wichtig, die Geschichte ist meine Geschichte.“ betont Alfons. Dabei dreht sich alles um das Wiedersehen von Freunden, die er zwanzig Jahre nicht mehr gesehen hat. Beim großen Treffen steht er allein. Diese Zeit nutzt Alfons, um einen Rückblick zu zeigen, wie es damals war – so ohne Handy und Fernsehen, das sich dem flachen Programmen angepasst habe. Gleichzeitig erfährt man, wie seine Freunde so ticken, und wie sie sich seinerzeit beim Nachsitzen kennenlernten. Linear erzählt er dann von seiner Geburt, über die Erlebnisse am Pariser Jahrmarkt ‚Foire du Trône‘, den automatischen Plattenspieler, Stadionbesuch bei AS Saint-Étienne mit seinem Helden Dominique Rocheteau, Archimedes … alles geschickt verflochten. Dabei fädelt er den einen oder anderen Videoclip seiner belieben Umfragen ein. Die teils absurden Fragen – das Hinterfragen in naiver Art, mit starkem französischem Akzent, ist ein weiteres Talent von Emmanuel Peterfalvi. Alfons‘ Beiträge sind so gut konstruiert, dass man das Gefühl hat, er hält dem Publikum sowie den Protagonisten in seinen Filmeinspielern einen Spiegel vor.
Mit Humor, stechend scharfen Blick auf die Ereignisse und einem feinen Gespür, erzählt uns Alfons sein Leben von schrill-skurrilen Begebenheiten und sehr einfühlsam von berührenden Momenten. Eines haben jedoch alle Minisequenzen gemein: Er produziert mit Kreativität Bilder in unseren Köpfen, die die Lachsynapsen unter Starkstrom setzen.
Seine Kunst, Dinge, Sachverhalte oder Situationen zu erklären, ist Dadaismus pur.
Galerie
Fotos: Carlo Wanka
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