Das Lachen und die Mode

Bilanz der 27. Leipziger Lachmesse

von Harald Pfeifer

LEIPZIG – 90 Veranstaltungen mit mehr als 180 Künstlern aus sieben Ländern – das war das 27. Europäische Humor- und Satirefestival in Zahlen. An 8 Tagen im Oktober hatten Kleinkunstliebhaber in Leipzig die Gelegenheit, sich über den Zustand der kleinen Form im Rahmen der aktuellen Zeitereignisse zu informieren.

Das Resümee ist erfreulich. Etwa zwanzigtausend Besucher haben das Festival besucht, und zu sehen gab es dabei alles, was auf die kleine Bühne passt. Wie immer bestand natürlich der Wunsch,

vor allem unangepasst möge die vorgeführte Kunst sein. Das gilt nicht ganz für den Humor, aber für die Satire allemal, die genau deshalb kaum mehrheitsfähig ist. Was nützen Gedanken, die keinen stören oder Provokationen, die keiner merkt. Im Grunde wären bei einem solchen Fest Großveranstaltungen ausgeschlossen. Doch die hat es mit Michael Mittermeier, der Jürgen-Hart-Satire-Matinee und der Abschlussgala aber gegeben. Denn die gehören einfach zum finanziellen Konzept des Festivals.

Ingo Börchers

Inzwischen ist der neue Lachmessepreisträger gekürt: Ingo Börchers wird zur Eröffnung der 28. Ausgabe der Lachmesse am 21. Oktober 2018 den Leipziger Löwenzahn überreicht bekommen. Dann ist noch der Preisträger zu nennen, der im Kupferpfennig-Wettstreit im Nachwuchsbereich öffentlich ermittelt wurde. Der heißt Nektarios Vlachopoulos, ein raffiniert unterhaltender deutscher Poetry Slammer mit griechischen Wurzeln. Und ansonsten war die diesjährige Lachmesse, wie angekündigt, ein Festival mit besonders vielen neuen Namen und mit besonders vielen Frauen im Programm. Unter denen Uta Köbernick, Simone Solga, Sia Korthaus wie auch Anny Hartmann oder Nessi Tausendschön.

Es ist längst nicht mehr so, dass Frauen auf der kleinen Bühne Seltenheitswert haben. Und sie sind auch nicht unpolitischer als ihre männlichen Kollegen. Außergewöhnlich war aber das Gastspiel von Lisa Eckhart und Sven Kemmler, die mit ihrem Titel „Die Nymphe und der finstere Förster“ Schlüpfriges vermuten ließen, aber mit hoher Sprachkultur mit nahezu philosophischen Gedankenspielen aufwarteten. Dafür gab es an den acht Tagen in Leipzig keinen Vergleich. Zwar bekannt, aber immer wieder außergewöhnlich waren auch Andreas Thiels Ausführungen zum Thema „Humor“ oder eben das Programm des neuen Lach-und-Schieß-Ensembles. Das ist am ehesten zu beschreiben, wenn man die Protagonisten nennt. Ulan & Bator und der Meister an der Gitarre und den Loops, Norbert Bürger. Nicht zu vergessen die Münchner Schauspielerin Caroline Ebner.

HG.Butzko

Die Vertreter des politischen Kabaretts von HG Butzko oder Frank Lüdecke wie auch Django Asül bis hin zu den Altmeistern Arnulf Rating und Thomas Freitag haben gezeigt, dass der politische Diskurs auf der kleinen Bühne heute aufschlussreich und fesselnd ist. Und auch spannend, weil ja Kabarett immer auch eine Art ist, sich zwischen die Stühle zu setzen. Dabei auch nicht unbedingt recht zu haben, sondern etwas anderen zu denken zu geben. Denn eine Haltung ist eben nie ganz fertig, also immer auf dem Weg.

Seit nun im vergangenen Jahr Frank Berger die Geschäfte der Lachmesse übernommen hat, ist allgemein ein Wille zur Erneuerung des Leipziger Kleinkunstfestivals zu spüren. Das ist auch verständlich, weil auf der Bühne ein Generationswechsel klar zu beobachten ist.

Arnulf Rating

Rating wie auch Freitag stehen mittlerweile als die Senioren auf der Bühne und die darauf folgende Genration, beispielsweise vertreten durch Lisa Fitz, Frank Lüdecke oder HG Butzo, steht im Mittelpunkt. Der neue Lachmesse-Chef will aber noch mehr. Er will das Festival weiter verjüngen. Mit neuen Formen. Besonders mit Poetry und Studententheater will er jugendlichen Wind auf die Bühnen und in die Sitzreihen bringen. Beim Studentenkabarett besteht jedoch die Gefahr, sich am Ende mehr semiprofessionelles Spiel als neue Spielideen ins Programm zu holen. Poetry-Szene kann wirklich eine Bereicherung für das Leipziger Festival sein. Nur das ist noch lange kein Kabarettspiel. Das ist Ergänzung und kein Ersatz.

Fest steht in jedem Falle, dass die Kleinkunst gerade einen Wandel durchmacht. Das nicht nur durch das deutlich veränderte politische Klima, sondern auch durch das stark veränderte Medienverhalten in der nachgewachsenen Generation. Vielleicht ist es ganz gut, dass genau in diesem Moment das renommierte Festival in jüngere Hände gelegt worden ist. Zwischen den Moden und dem Neuen ist allerdings ein Unterschied. Die Lachmesse in Leipzig zu erneuern braucht also weniger ungestümen Mut als Klugheit und wie in der Kunst allgemein, Demut.

©2017 BonMoT-Berlin
Fotos: Jan Merlin Friedrich | Carlo Wanka | Moritz Schell

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