Der Wettbewerb um die 33. St. Ingberter Pfanne – 4. Tag

Goldfarb - Foto © BonMoT-Berlin Ltd.Mit den Goldfarb Zwillingen, Jochen Prang und Gankino Circus

von Gilles Chevalier

ST. INGBERT – Die Zwillinge Laura und Lisa Goldfarb sind 2,98 Meter groß. Aber nur, wenn sie ihre Körpergrößen addieren. Das geht, weil sie ja auch zusammen schauspielern und bisweilen auch synchron auf der Bühne sprechen. Die Goldfarb Zwillinge teilen das Los vieler Zwillinge: Sie sind nie allein. Als „Klein und gemein“ bezeichnen sie sich obendrein.

Anspruchsvoll ist ihre vom Theater inspirierte Show.

Und ein an einigen Stellen ein wenig episch. Ein paar Black-outs hätten die eleganten, aber eben sehr langen Zwischentexte verkürzen können.

Eins greift bei den Goldfarbs ins andere und führt zu einem neuen Sketch: „Weil uns die Mietpreisbremse gestochen hat (sic!), mussten wir ausziehen und leben jetzt in unserem Fiat Panda.“ Sie sind die Abgehängten. Das wird man schnell, sagen die beiden. Es folgt der PDA-Sketch. Da geht es um die „Partei Deutscher Abgehängter“. Sahra Wagenknecht und Frauke Petry telefonieren miteinander und stellen fest, dass sie beide dasselbe Wählerklientel umwerben. Das ist so naheliegend und böse, dass man fast an ein abgehörtes Telefonat glauben möchte.

Auch der BAMF-Sketch hat es in sich. Hier kommt eine Migrantin in die Behörde und bietet am Ende der Sachbearbeiterin Asyl an, weil sie von Großraumbüro, Reihenhaus und Scheidung geplagt ist. Poetisch, praktisch, schön.

Oder die beiden Mütter im Waldorf-Kindergarten, die versehentlich am Wochenende zum gemeinsamen Putzen eingeteilt wurden. Sie geraten sich in die Haare und kämpfen bis aufs Blut um die Frage, ob man mit oder gegen die Faser des Holzes fegen soll. Ein Streit um nichts, aber das mit aller Kraft.

Träumerisch dagegen die lange Erzählung, wie die Goldfarbs (zweimal 1,49 m) im Supermarkt auf Dirk Nowitzki (einmalige 2,13 m) treffen, der sie dann beide gleichzeitig zu den guten Weinen im oberen Regal hebt. Oder ihr langes Plädoyer wider das Banausentum und die Schließung von Bühnen aller Art. Das alles ist ehrlich und engagiert, wird aber vom Publikum nur mit höflichem Applaus gewürdigt.

Prang - Foto © BonMoT-Berlin Ltd.Jochen Prang spielt in „#verantwortungsbewusstlos“ ganz klar den Heimvorteil Saar. Der 41-Jährige wurde in Saarbrücken geboren und lebt heute in Berlin. Das ist dort, „wo jeder ein Projekt hat, aber keiner Arbeit“, so Prang. Ein Ort der Hipster mit Lactose-Intoleranz. Deshalb brauchen die Frauen in Berlin zur Selbstverteidigung kein Pfefferspray – eine kleine Wasserpistole, die mit Milch gefüllt ist, reicht völlig aus.

Zwischendurch klatscht das Publikum freudig. Jochen Prang ist schließlich zeitkritisch und vor allem jugendkritisch. Er erzählt, wie er als Kind seine jüngeren Brüder geärgert hat und wie sein Großvater gegen die damaligen Konventionen verstoßen hat, indem er ihn Zigaretten drehen ließ. „Wenn die Eltern fragen, was Du den Tag über gemacht hast, sagst Du: ‚basteln‘!“

Er spielt auch unter der Gürtellinie und erzählt ellenlang von der Zeugung seines noch ungeborenen Kindes. Zu vervollständigen wäre diese Passage nur noch mit einem MRT-Bild des Geschlechtsaktes. Doch Prang räumt auch mit der Angst auf, die von den Rechten verbreitet wird: „Entweder Du machst es Dir schön, oder Du hast Angst!“ Und bedenke: „Niemand kommt, um Dir die Frau wegzunehmen. Egal, wie sehr Du Dir das wünschst!“ Heftig applaudiert das Publikum.

Gankino - Foto © BonMot-Berlin Ltd.Aus dem westmittelfränkischen Dietenhofen kommen die vier Musiker der Gruppe Gankino Circus. Sie spielen Gitarre, Klarinette und Saxophon, Akkordeon und Schlagzeug und zeigen Ausschnitte aus dem Programm „Irrsinn & Idyll“. Wobei das Idyll etwas in den Hintergrund tritt, wenn die vier loslegen. Ein großes Crescendo, das in einer bayerischen Volksmelodie mündet, steht am Anfang des Auftritts. Rhythmisch klatscht das Publikum mit.

Die Musiker haben sich in den Gankino verliebt, einen bulgarischen Volkstanz im 11/8-Takt. Der hat einen „ungeraden“ Rhythmus, erinnert ein wenig an Klezmer und ist natürlich sehr schnell. Mitreißend, wie Gankino Circus ihn spielt und atemberaubend, wie sie beim „Fränkischen Flieger“ Musik und Akrobatik miteinander kombinieren. Grandios die Idee, den Sirtaki aus „Alexis Sorbas“ an der Gitarre mit einer Bohrmaschine zu spielen. Es hat sich gelohnt, dafür extra nach Ansbach in den Baumarkt zu fahren!

Am Ende dann „Für Mama“, ein Stück des Schlagzeugers Johannes Sens. Während Sens spielt, wechselt er seine komplette Bekleidung – von der Unterwäsche einmal abgesehen! Das Publikum hat die „a weng“ zu langen Moderationen inzwischen vergessen und bedankt sich mit begeistert-rhythmischem Klatschen. Pfannenverdächtig!

©2018
Fotos: Rainer Hagedorn

Hier geht’s zu unseren Berichten aus den vergangenen Jahren über die Pfannenwettkämpfe.

Links: St. Ingberter PfanneGoldfarb ZwillingeJochen PrangGankino Circus

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