Sulaiman Masomi, Dirk Omlor, Alte Mädchen
von Gilles Chevalier
ST. INGBERT – Sulaiman Masomi eröffnet den letzten Wettbewerbstag mit Ausschnitten aus seinem Programm „Morgen-Land“. Seit einem halben Jahr sei er mit dem Programm auf Tour – die Texte besitzen dafür bereits eine ungewöhnliche Bekanntheit.
Da ist „Der Rat der Sprache“. Er tagt, weil der Genitiv im Sterben liegt und die Ursache dafür herausgefunden werden soll. Ein himmlischer Ritt durch die deutsche Grammatik und über alle rhetorischen Figuren hinweg.
Der Poetry Slamer Masomi zeigt sich in einem anderen Text enttäuscht von der Evolution. Seit 3,5 Milliarden Jahren gebe es Leben auf der Erde. „Es war eine lange Reise vom Einzeller zu Donald Trump und man kann sagen, der Kreis hat sich geschlossen“, fasst er die Entwicklung zusammen. Doch das sind nur einzelne schöne Ansätze. Alles in allem hat die Dreiviertelstunde Masomis zu wenig Struktur. Der gebürtige Kabuler betrachtet die Welt von Krefeld aus und hat natürlich das Thema „Als migrantisch aussehender Mann unter Deutschen“ mit dabei. Und er ruft zu einer friedlichen, solidarischen Gesellschaft auf. Nicht singen zu können, gibt er zu und beweist es. Reinhard Mey würden alle Gitarrenseiten reißen, kennte er die Umdichtung von „Über den Wolken“, die bei Masomi „Unter der Burka“ heißt. Das Publikum applaudiert herzlich.
Dirk Omlor gibt in seinem Programm „Ei joo, so isses halt!“ den saarländischen Taxifahrer Rudi Lauer, der vom Leben, seiner Frau und der volljährigen Tochter erzählt. Mundartkomiker hießen solche Leute früher. Heute, wo überall gespart werden muss, bleibt nur noch die Mundart übrig.
Elegant reiht Omlor seine Alltagsbeobachtungen aneinander, nur scharf zubereitet hat er sie nicht. Das ist angenehme Unterhaltung für ein Betriebsfest, aber für den Betrieb dieses Wettbewerbs wenig geeignet.
Omlor schwätzt nicht nur, wie es im Saarländischen heißt, er zaubert auch. Er ist Mitglied beim „Magischen Zirkus“, wo sie „einmal in der Woche das Bier verschwinden lassen“. Er kann ein Tuch wegzaubern oder Kartentricks mit einem Saarländischen Schnarchbären als puppenhaften Assistenten vorführen. Alles zauberhafte Andeutungen.
Die Nummer mit den Säbeln kommt nicht zustande, weil ihm die Assistentin abhanden gekommen ist. Seine Zeitungsanzeige „Suche Assistentin für in die Kiste, Säbel vorhanden“ führt zu allerlei Verwicklungen, nicht jedoch zu einer neuen Assistentin. Aber das ist eine andere Geschichte, die wie viele andere in diesem Beitrag auf einer Taxi-Fahrt von Bexbach bis Perl einen wunderbaren Platz findet. Die Bühne im Wettbewerb um die St. Ingberter Pfanne füllen sie nicht aus. Herzlicher Applaus für Dirk Omlor.
Jutta Habicht, Ines Martinez, Sabine Urig und Anna Bolk bilden die Formation „Alte Mädchen“. Der gleichnamige Titel ihres Stücks ist Programm: Alle sind um die 50 Jahre alt, können sich aber nur schwer von den überlieferten gesellschaftlichen Vorstellungen trennen. Sie wissen nicht, was für ein Leben sie jetzt führen sollen.
Einen musikalischen Abend im Halb-Playback gestalten die Vier. Schmissige Musik, ergreifende Chansons und bisweilen hölzerne Dialoge wechseln sich ab. Schön choreographiert gehen sie die Werbesprüche der vergangenen Jahrzehnte durch, ohne etwas Passendes zu finden. Früher sahen Frauen zwar schon mit 50 so aus, als wären sie 70. Siehe Heidi Kabel. Aber was nutzt das, wenn man sich nicht traut, nach den eigenen Vorstellungen zu leben?
Frauen um die 50, sagen die Alten Mädchen, haben gescheiterte Beziehungen, Falten und Besenreiser. Männer, sagt der Kritiker, haben das in dem Alter auch. Aber die schlechten Erinnerungen verdrängen sie und weigern sich einfach, eine Brille zu tragen, um den körperlichen Verfall nicht so genau wahrzunehmen.
Die „Alten Mädchen“ sind in ihrer Entwicklung im Mädchenhaften steckengeblieben. Aus den gezeigten Ausschnitten geht nicht hervor, ob sie sich weiterentwickeln können. Herzlicher Applaus verabschiedet die vier Frauen.
GC, 12. September 2019, © 2019
Fotos: Rainer Hagedorn