Thomas Stipsits & Manuel Rubey: Triest

Stipsits & Rubey - TRIEST

Sehnsucht nach Florenz

WIEN (pb) – Überraschungen sind doch das Schönste. Wenn ein Publikumsliebling unter den heimischen Kabarettisten aus Freundschaft und Freude zusammen mit einem bislang vorrangig als Schauspieler und Musiker in Erscheinung getretenen Falco-Film-Darsteller ein Programm mit dem ergebnisoffenen Titel „Triest“ schreibt und spielt, kann doch niemand ahnen, dass dabei ein ebenso spaßiges wie berührendes, sensationell gelungenes Stück Kleinkunstgeschichte herauskommt. Sehr super! So sehr man auch die Kirche im Dorf lässt. Das sei mal festgehalten für alle, die nur den ersten Absatz lesen.

Thomas Stipsits und Manuel Rubey verkörpern in ihrem Duo-Debut (Regie : Andi Peichl) das Personal und die Passagiere eines Kreuzfahrtschiffs mit dem schönen Namen „Bloody Mary“, an dessen Bord gerade ein Film mit dem nicht minder schönen Namen „Die letzten Sonnenstrahlen des Glücks“ gedreht werden soll. In den Hauptrollen : Harald Krassnitzer und Christiane Hörbiger. Wer sonst? Die beiden zentralen Figuren von „Triest“ sind allerdings Stipsits und Rubey selbst. Ersterer ist als Bord-Entertainer, zweiterer als Film-Nebendarsteller angeheuert worden. Und sie müssen sich eine enge Kabine teilen.

Soweit die idealen Voraussetzungen für jede Menge Situationskomik und eine abwechslungsreiche Parade absurd-komischer Szenen und Charaktere, bei denen auch die Selbstironie und Insider-Anekdoten nicht zu kurz kommen.

Nicht unwesentlich zu der Wirksamkeit der gewitzten Mono- und Dialoge trägt das exakte Zusammenspiel mit der Tontechnik bei. Christian Stipsits – der kleine Bruder der unverändert entwaffnend lausbübischen Rampensau – sorgt am Mischpult für den Soundtrack zum Geschehen und die akustische Illustration der pantomimisch angedeuteten Requisiten. Das macht Spaß. Vor allem, wenn in der Geschwindigkeit mal ein falsches Geräusch zugespielt wird. Dann können dann sowohl Stipsits als auch Rubey ihrer sympathischen Spontaneität freien Lauf lassen.

Aber sonst? Mit einer in der Kleinkunstszene eher unüblichen, ja fast schon unheimlichen Perfektion und Präzision setzen sie ihre Geschichte in Szene. Pointe für Pointe. Ganz locker. Da steckt so viel Arbeit dahinter!

Da sitzt man dann als professioneller Beobachter des tadellosen Bühnengeschehens in der Pause mit Kollegen da, und geniert sich fast schon ein wenig dafür, dass man den einen oder anderen Mangel im Programm sucht: Ja, die Männer-Unterhaltung im Doppelbett hätte ein wenig kürzer sein können. Da geht die Spannung doch ein wenig verloren. Genau. Und die witzige Dreharbeiten-Szene mit dem Hampelmann von Regisseur verträgt auch noch ein paar Streichungen. Ist der Georg Friedrich schon bekannt genug für eine Parodie? Blablabla. Widerlich in Wahrheit. Meckern auf höchstem Niveau halt.

Und was machen Stipsits und Rubey, diese beiden großartigen Schelme ? Das einzig richtige: Sie setzen eine zweite Hälfte drauf, die jeden Kritiker zum Verstummen bringt. Zuerst ein Knalleffekt. Dann ein teils musikalisches, originelles Nummern-Potpourri – u.a. mit einem Dialog aus Filmzitaten, Dracula auf Wohnungssuche und einer ganzen Lebensgeschichte nur aus dummen Sprüchen und altbekannten Lebensweisheiten. Das ist alles nicht nur saukomisch, sondern – wenn man so will – auch im Kontext der Geschichte absolut gerechtfertigt. Und dann kommt noch das Finale. Und was für eines! Meine Herren! Über die Story der zweiten Halbzeit sollte ja eigentlich nichts verraten werden. Nur so viel vielleicht: Wann waren Sie im Kabarett das letzte Mal zu Tränen gerührt? Und kein einziger Ruf nach Zugabe. Jeder hat’s verstanden. Brillante Arbeit, große Kunst, beste Unterhaltung. Glückwunsch & Danke!

Peter Blau © 2011 kabarett.at

Nächste Termine TRIEST:
22.11.2011: Gleisdorf, Forum-Kloster
23.11.2011: Klagenfurt, Universität
25.11.2011: Wien, Rothneusiedlerhof
26.11.2011: Großwarasdorf, KUGA
1.12.2011: Wien, Stadtsaal
2.12.2011: Wien, Stadtsaal

www.stipsits.com
www.manuelrubey.com

Buchgraber & Brandl: denken verboten

Buchgraber&Brandl-Denken verbotenRoad to Nowhere

WIEN (pb) – Den gefährlichsten Moment im Spannungsbogen eines Roadmovies gilt es dann zu bewältigen, wenn das Ziel der Reise plötzlich erreicht ist. Vor allem, wenn das schon nach der Hälfte des Abends passiert. Da bedarf es schon der Durchgeknalltheit eines sonnenlosen Tarantinos oder eines Geniestreichs von Thomas Stipsits und Manuel Rubey („Triest“), um noch groß etwas draufzusetzen. Bis dahin ergibt sich ja alles, was die Story braucht, fast ganz von selbst. Denn unterwegs lassen sich gewünschte Begegnungen, erklärende Gespräche und notwendige Ereignisse jederzeit ohne großes Begründungsbündel einflechten. Lag halt auf der Straße. So einfach.

Aber dann! Und damit wären wir schon beim Knackpunkt – dem ersten und eigentlich einzigen Schwachpunkt – des vierten Programms des steirischen Kabarett-Duos „Buchgraber & Brandl“.

Übrigens: Die beiden wohnen seit ein paar Jahren in Wien und haben am Premieren-Abend auch gleich ihr neues Buch vorgestellt: „Im Beisl ihrer Majestät / Wien – ein Heimatbuch“ (Conbook Verlag). Ein etwas anderer, amüsanter Wien-Führer – unter besonderer Berücksichtigung der Fehler, die man als Neuankömmling in der großen Stadt tunlichst vermeiden sollte. Die beiden wissen, wovon sie schreiben!

Doch zurück zu „Denken verboten“. Buchgraber und Brandl verkörpern darin – vorrangig – zwei Charaktere mit den originellen Namen Martin und Joachim: zwei ziemlich voneinander entfremdete Ex-Kumpane auf dem Weg zur Party des einstmals dritten im Bunde – dem coolen Checker Robert. Einer, der nie lang nachgedacht hat, sondern immer gleich gemacht.

Auf der gemeinsamen Autofahrt lassen sie denkwürdige Erinnerungen Revue passieren, treffen diverse verhaltensauffällige Gestalten und erleben teils surreal-witzige Abenteuer. Mit ihrer körperkomischen Darstellungsweise (Regie : Gerold Rudle) und viel Gespür für absurden Humor, pointierten Dialogen und running-gags gerät ihnen die Reise zu einem originellen und kurzweiligen Trip ins Ungewisse.

Zur Pause kommen sie an: in einem als Event- und Party-Center zweitverwendeten Altersheim – um es auch nach dem Abendessen um 15 Uhr noch gewinnbringend nutzen zu können. Und ab diesem Moment franzt ihnen ihre bis dahin spannende Geschichte etwas aus. Viele der vormals zu einem festen Seil versponnenen roten Fäden baumeln etwas halt- und belanglos im Bühnengeschehen herum. Und keiner da, der sie wieder fest in die Hand nimmt.

Ein Haus mit vielen Türen und den unterschiedlichsten Menschen dahinter mag zwar als logische Erklärung für diese eher wie eine Sketchparade wirkende zweite Hälfte dienen, der Beigeschmack der Beliebigkeit lässt sich allerdings nicht ganz vermeiden. Sehr unterhaltsam bleibt es dabei über weite Strecken allemal. Das nicht zuletzt, wie es ihnen mit ihrer überzeugenden Schauspielkunst immer wieder gelingt, kleine zwischenmenschliche Konflikte und Katastrophen ihrer Charaktere gewitzt zu entlarven. Jetzt nur noch da und dort ein wenig feilen und bügeln – und der eine oder andere Schwachpunkt spielt keine Rolle mehr.

Peter Blau © 2011 kabarett.at

weitere Termine:
Sa, 19.11.: Wien, Metropoldi
Di, 29.11.:Graz, Theatercafé Graz
So, 4.12.: Wien, Theater am Alsergrund

www.buchgraberundbrandl.at

Werner Brix: 40PLUS – Über Männer in den besten Jahren

Werner Brix – Foto © jimmidee-production_AZechmeister

Von der Kunst zur Künstlichkeit

von Peter Blau

WIEN – Wohin des Weges, Werner Brix ? Das eigene Altern und die damit verbundenen Befindlichkeiten zur Basis von Kabarettprogrammen zu machen, ist zwar nicht der innovativste Ansatz, aber er eröffnet immerhin viele Möglichkeiten. Der Mitt-Vierziger entscheidet sich in seinem neuesten Solo für einen pseudowissenschaftlichen Vortrag eines in seiner Verschrobenheit anfänglich an Kurt Weinzierls „Pilch“ erinnernden Professors über die angeblich schlagartige Emotionalisierung des Mannes über 40, der – gefangen in Geschlechter-Zwängen und Generations-Prägungen – verzweifelt nach Ausgeglichenheit sucht.

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Andreas Rebers: Ich regel das – Kritik

Andreas Rebers - Foto © Janine Guldener

Die Ente ist weiter

WIEN (pb) – Mit angemessener Schamlosigkeit bedient sich Andreas Rebers in seinem neuen Solo der hohlen Sprache und der ärgerlichen Argumentationsketten von Politikern und Polemikern, Priestern, Propheten und anderen Predigern. Stets im geistreichen Dienste der hinterfotzigen Provokation, versteht sich. Nein, versteht sich offenbar nicht immer. Dass bei den gelegentlich erzreaktionär anmutenden Überzeugungen, der zu Selbstjustiz neigenden Blockwartmentalität oder der kleinkarierten Umweltschutzverhöhnung stets böse Ironie mitschwingt, überfordert gelegentlich sogar das Kleinkunstpublikum. „Die Satirefähigkeit im Kabarett ist eine begrenzte“, stellt er im Anschluss an die Wien-Premiere an der Niedermair-Bar ernüchternd fest. Aussagen auf Umwegen versickern auf dem Weg zum Verständnis Weiterlesen

Newsletter und Informationsfluss

Beate Moeller © BonMoT-Berlin Ltd.Liebe Leserinnen und Leser,
oft bin ich in letzter Zeit gefragt worden, ob www.liveundlustig.de einen Newsletter verschickt. Antwort an alle: Nein, das machen wir nicht. Aber:

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Selbstverständlich können Sie jeden der beiden kostenlosen Dienste auch wieder kündigen – wann auch immer Sie das möchten.

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Beate Moeller & das Liveundlustig-Team

maschek: 101010 – Ein revolutionärer Fernsehtag

Spott auf Speed

WIEN (pb) – Mit seiner scharf geschliffenen Text-Bild-Schere durchpflügt das preisgekrönte Trio „maschek“ auch in seinem neuen Bühnenprogramm „101010 – ein revolutionärer Fernsehtag“ wieder mit schnellen Schnitten die weltweiten TV-Bilder eines einzigen Sendetags : Nachrichten, Interviews, Magazin-Beiträge, Talk- und Casting-Shows. Vor den frech-witzigen und vor keinem Unfug gefeiten Neudeutungen und Umvertonungen der Herren Hörmanseder, Salamun und Stachel ist keine Sendung sicher.

maschek 101010 - Foto © katsey.orgDer 10. Oktober 2010 war natürlich alles andere als ein besonders „revolutionärer Fernsehtag“. Sich bei der Suche nach verwertbarem Bildmaterial auf einen Tag des Jahres zu beschränken, mag wie ein besonders bedeutungsvoller Zufallsgenerator oder zumindest wie eine künstlerische Herausforderung anmuten, ist aber in erster Linie eine Arbeitserleichterung. Die Beschränkung ist des Trios unverzichtbarstes Instrument bei der Bewältigung der Bilderflut. Sie ermöglicht ihm, den Überblick über ihren Werkstoff nicht ganz zu verlieren. Und sie schafft die Basis für den kuriosen Witz, der vor allem daraus resultiert, dass aberwitzige Zusammenhänge konstruiert und erstaunliche Bögen oftmals mit erfrischender Brutalität und naheliegenden Pointen gnadenlos übers Knie gebrochen werden müssen.

Durchaus erhellend ist auch – z.B. mittels Bildern von Gaddafi und Mubarak in selbstgefälligen Machtposen – daran erinnert zu werden, was vor einem Jahr noch alles ganz anders war. In der „maschek“-Version versuchen die beiden Ex-Potentaten ihren Kollegen Assad davon zu überzeugen, sich doch H.C. Strache als Double zuzulegen. Ein zweiter Bildungsweg, für den es noch nicht zu spät wäre. Hugo Chavez lassen „maschek“ eine neue Weltwährung aus Tomaten ins Leben rufen, Kim Jong-Il hat eine Blumenallergie und bemüht sich, den Tourismus in Nord-Korea anzukurbeln, die deutsche Bundeskanzlerin Merkel kommandiert ihren türkischen Amtskollegen Erdogan durch eine chaotische Pressekonferenz und der ohnedies schon regelmäßig zu unfreiwilliger Realsatire tendierende ZDF-„Fernsehgarten“ verkommt zu einer lächerlichen Verkaufsshow für japanische Billig-Regenschirme. Grandios.

Höhepunkt der angemessen respektlosen Neu-Synchronisationen – denn die Opfer des „maschek“-Spotts sind ja in erster Linie Politiker und TV-Shows, die durchwegs deutlich Schlimmeres verdient hätten, als zu höheren Ehren der Bühnenunterhaltung durch den Kakao gezogen zu werden – ist ihre akustische Bearbeitung des Festakts „90 Jahre Kärnten“. Die Gespräche und Kommentare der hinter den Rednern auf der Würdenträger-Tribüne platzierten Ehrengäste gingen bei der Premiere von „101010“ fast im Gelächter des Publikums unter.

Auch wenn „maschek“ bei ihrem hemmungslosen Hang zu Blödeleien gelegentlich ihr roter Faden der Weltwirtschaftskrise abhanden kommt und die eine oder andere etwas langatmigere Szene – mit Juliette Lewis beispielsweise – für Spaß-Pausen sorgt, bietet auch das jüngste Ergebnis dieser bereits bestens bewährten und unverändert so was von abendfüllend amüsanten „maschek“-Methode wieder eine sehr empfehlenswerte Mischung aus entlarvender Satire und schwerelosem Nonsens. Der Vorfreude auf ein voraussichtlich von fröhlichen Faschingswitzen schwer gezeichnetem Fortsetzungsprogramm namens „111111“ steht somit nichts im Weg.

Peter Blau © 2011 KabarettAT

nächste Termine:
Fr + Sa, 14. + 15. Oktober: Berlin, BKA-Theater
Di, 18. Oktober: München, Lustspielhaus
Mi + Do, 26. + 27. Oktober: Wien, Rabenhof-Theater

verwandter Beitrag auf www.liveundlustig.de :
Happy Zapping on Doomsday mit maschek

www.maschek.org

O. Lendl: Die Show der 1000 Wunder

O.Lendl © Niedermair
Verlässlichkeit seit vielen Jahren

WIEN (pb) – Zwei Dinge kann man O. Lendl gewiss nicht vorwerfen: dass er sein Publikum mit stilistischer Sprunghaftigkeit überfordere – oder kleinkunsttechnisch mangelnde Konsequenz an den Tag lege. Nein, wer sich ein Ticket für einen Kabarett-Abend mit Olivier Lendl kauft, braucht sich vor unliebsamen Überraschungen nicht zu fürchten. Er ist die Miele unter den Kabarettisten: Verlässlichkeit für viele Jahre.

Werden wir doch mal persönlich. Ich war versucht, diesen Bericht über die Premiere des neuen Solos dieses in seinem Bühnen-Entertainment-Umfeld zweifellos unverändert einzigartigen und unverwechselbaren Comedy-Kabarettisten nur aus Zitaten aus den Kritiken über die vorangegangen Programme zusammen zu stoppeln. Denn alles, was es über seine spezielle und stellenweise immer wieder hoch amüsante Art, Gesagtes mit seiner ausdrucksstarken Mimik und Körpersprache zu illustrieren oder zu konterkarieren, zu sagen gibt, ist bereits in den Kabarett-Chroniken der 90er nachzulesen.

Auch über die Fähigkeit, mit dieser Gabe Oberflächlichkeiten und inhaltliche Schwächen unterhaltsam zu vertuschen. Oder, Geschichten zu erzählen, die so stimmig und spannend sind, dass seine Ganzkörper-Komik nicht den Alleinunterhalter spielen muss. Das gelingt ihm in letzter Zeit mal besser („Auf gute Nachbarschaft“, 2007), mal schlechter („Geld macht glücklich“, 2008) – und manchmal eben durchschnittlich. So wie jetzt in der „Show der 1000 Wunder“ (Regie: Andi Peichl). Nie, aber, war Lendl je wieder so überwältigend, wie damals 1995, als er mit „Endlich O.Lendl“ sein Bühnen-Debut gab.

Das mag jetzt möglicherweise unfair anmuten. Weil natürlich kam damals der Überraschungseffekt und die Freude über etwas noch nie Dagewesenes in der heimischen Kabarett-Szene dazu. Aber so ist das halt mit Witzen. Sie bedürfen markanter Weiterentwicklungen oder eines extrem kraftvollen neuen Kontexts, um jemals wieder so zu wirken, wie beim ersten Mal.

Worum es diesmal geht? Um die Kunst- und Kulturgeschichte der Menschheit. Und um die persönliche Biografie der Bühnenfigur. Beides verschachtelt Lendl zu einer flotten Casting-Infotainment-Show mit ungewissem Ausgang. Wie üblich dicht gestrickt. Mit immer wieder unvermutet auftauchenden roten Fäden und rasanten Rollenwechseln. Mal klamaukig und etwas billig, dann wieder aberwitzig und absonderlich.

Bleiben wir persönlich. Als mich eine Bekannte vergangene Woche fragte, ob ich ihr den Besuch der Lendl-Premiere empfehlen könne, schrieb ich ihr – und ich zitiere mein sms wortwörtlich: „Wenn Du ihn noch nicht kennst, wirst Du bestimmt viel Spaß haben.“ Den hatte sie dann auch. Und mir war fad.

Peter Blau © 2011 KabarettAT

Christoph Krall: Die Sau im Perlenkästlein – Extasen der Betulichkeit

Christoph Krall

Kuhfladen mit Karamellglasur

WIEN (pb) – Originell und originär ist Christoph Krall schon seit Jahren. Aber hallo! Und das unverdienterweise allzu abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit. Dabei hätte dieser Dr. Strangelaugh des heimischen Kabaretts das Zeug zum Kult-Star des far-off-mainstreams. Eine eigene TV-Show wird er jedenfalls nie bekommen – mit seiner Erscheinung, die so ganz und gar nicht in das gängige Bild charismatischer Bühnen-Entertainer passt, und seinem sprachlich und inhaltlich hochgradig gescheiten aber grenzwertig abseitigen Humor.

In seinem neuen Solo „Die Sau im Perlenkästlein“ lässt er seine merkwürdigen Talente wieder in all ihren Facetten schillern. Und das in sehr verdaulichen Dosen mit eingeflochtenen – formal fast schon herkömmlichen – stand-ups. Bei ihm klingen aber selbst Pointen so, als würde er traurige Lyrik rezitieren. Zum Beispiel, wenn er das Dilemma der heimischen Bildungspolitik auf den Punkt bringt: Das Problem der Regierung sei, dass das heranwachsende Wahlvolk dumm genug bleiben müsse, um rot oder schwarz zu wählen, aber nicht so dumm werden dürfe, dass es blau wählt.

Kralls besondere Liebe gilt aber dem Nonsens auf höchstem Niveau: Mit streng wissenschaftlicher, germanistischer Genauigkeit analysiert er beispielsweise seine eigenen absurd-komischen Gedichte über die kleine Krake Oktopus. Und dem armen Himmelskörper Pluto, dem ja unlängst sein Planetenstatus aberkannt wurde, widmet er ein zum Teil gründlich geschüttelreimtes, bizarres barockes Schäferspiel. Inklusive diverser Lobpreisungen des Kreises – als schönste aller geometrischen Gestalten – und engagierter Blockflöten-Einlagen.

Alles, um dem allgegenwärtigen Grauen etwas entgegenzusetzen. Dem allgemeinen – und dem privaten. Wenn das eigene Badezimmer nie besetzt ist, wenn man es benutzen möchte, sei das zwar praktisch, aber auf die Dauer fad.

Sein abgründiger Humor zeigt sich auch in einer im teilnahmslosen Small-Talk verhandelten, zutiefst tragischen Selbstmordversuchs-Orgie im ländlichen Raum.
„Schwarzer Humor ist wie Sex mit Depressionen“, befindet er anschließend, „oder in Wahrheit: eine Karamellglasur auf Kuhfladen.“

Zu Höchstform läuft Kralls grotesker Aberwitz auf, wenn er das aus einer einzigen kurzen Strophe bestehende „Lied des Scheiterns“ mit fast schon an Autismus gemahnender Beharrlichkeit dutzende Male wiederholt, dabei stetig steigert und mit verzweifelten Violin-Soli illustriert: „Scheitern heißt, zumindest doch, es wenigstens versucht zu haben.“

Sagen wir so: Wer angesichts dessen, was im Fernsehen und landläufig unter Kabarett firmiert, zu der Auffassung gelangt ist, mit dem Genre nicht viel anfangen zu können, sollte vielleicht mal eine Horizonterweiterung in Erwägung zu ziehen. Unpackbar, dieser Krall!

Peter Blau © 2011 KabarettAT

Alfred Dorfer: bisjetzt – Premierenkritik

Alfred Dorfer

Werk-Stück – „Wem die Wahrheit zu kompliziert ist, der will wenigstens recht haben.“

von Peter Blau

WIEN – „Ist das noch Kabarett?“ Das werde er immer wieder von Journalisten gefragt, erzählt Dorfer. Besonders in Deutschland. Also „Kabarett?“ mit strengem Verschlusslaut. „Oder Comedy? Oder Theater?“. Am Ende gar eine „Performance“? Entgegengeschmettert sei ihnen allen hinkünftig das in „bisjetzt“ rezitierte „Badeschluss“-Bonmot: „Ist es gut oder schlecht? Ist es Yin oder Yang? Oder ist es einfach nur wurscht?“ Denn das sei schließlich das, was wir den Chinesen voraus hätten: „Die haben nur Yin oder Yang – wir haben auch noch Wurscht.“
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Happy Zapping on Doomsday mit maschek – Premierenkritik

maschek 090909

maschek: 090909

Medienspott, Politsatire und blanker Unfug – ein brillantes Weltuntergangs-Szenario

WIEN (pb) – Blöd jetzt. Der Untergang der Erde steht unmittelbar bevor. Die Nordpolkappe schmilzt. Und das innerhalb von 24 Stunden. Der Menschheit letzter Tag ist angebrochen. Und das nur, weil ein paar Schweizer Umweltaktivisten Mist gebaut haben … mehr

Volle Kraft voraus! – Mike Supancic – Premierenkritik

banner_supancic Fotos © LUDWIG RUSCH

Viel spaßiger kann Kabarett kaum sein. Saukomisch – und das, ohne jemals zu versuchen, unter Niveau Lacher abzustauben. mehr

Peter Blau/ Kabarett_AT

Willkommen KabarettAT – danke Peter Blau

Langsam und müßig ernährt sich das Eichhörnchen, schnell und freudig bekommen wir jetzt Unterstützung von Peter Blau. Er schreibt regelmäßig die Kritiken auf KABARETT AT und hat einen hervorragenden Einblick in die österreichische Kleinkunstszene. Dank der neuen Partnerschaft, können wir Ihnen sogar Programme der dortigen regionalen Künstler vorstellen. In diesem Sinne viel Spaß beim Erkunden.
Alfred Dorfer sagte in einem Interview mit der Österreichischen Zeitung ‚Die Presse‘:
„Der Deutsche hat die österreichische Schnelligkeit des Humors nicht“
– Ich freu mich jetzt schon auf die ausländischen Beiträge –
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kabarettAT